DIE LINKE.im RVR: Reden

Rede Wolfgang Freye zur Verbandsversammlung zum Haushalt 2020-21

Wolfgang Freye
Reden

Nach dem Desaster der letzten Wochen:

Den RVR zukunftsfähig aufstellen – auch personell

 

Rede zum Haushalt 2020-21, Verbandsversammlung am 13.12.2018

 

Sehr geehrte Regionaldirektorin, Herr Vorsitzender,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

die letzten Wochen waren für den RVR alles andere als ein „Highlight“ und uns tut es als Fraktion DIE LINKE wirklich weh, dass der RVR ausgerechnet im Jahr vor der ersten Direktwahl der Verbandsversammlung und vor dem einhundertjährigen Jubiläum öffentlich so massiv unter Druck geraten ist. Wir sind immer für eine Stärkung des RVR eingetreten und für die Direktwahl, um das politische Gewicht des Verbandes zu erhöhen. Jetzt müssen allerdings erst einmal Scherben zusammengekehrt werden. Sonst wird es uns wohl kaum gelingen, erfolgreich für die Beteiligung an der Direktwahl zu werben.

Das Ergebnis wird uns auch noch eine Zeitlang beschäftigen, denn wir haben hier in den letzten Wochen verkehrte Welt erlebt. Denn der Abwahlantrag wurde ja von der Großen Koalition gestellt, der Mehrheit hier im Haus, gegen die Verwaltungsspitze, gegen einen Dezernenten hier im Haus. Den Druck dafür hat vor allem die CDU aufgebaut. Alle Oppositionsfraktionen – die rechtslastige AfD lasse ich mal weg – haben diesen Antrag jedoch nicht einfach mitgetragen und aus gutem Grund gemeinsam die geheime Wahl beantragt.

Natürlich sind die Verzögerungen beim Regionalplan ärgerlich und die Verwaltung hat Fehler gemacht, nicht nur bei der Kommunikation der Verschiebung. Aber als die Bezirksregierung Düsseldorf 10 Jahre und drei Offenlagen für ihren neuen Regionalplan brauchte, hat kein Hahn wirklich danach gekräht, übrigens auch die Medien nicht. Ich finde es tatsächlich unsäglich, wenn die Entscheidung, die hier gerade mit der denkbar knappen Mehrheit von einer Stimme hier letzten Endes getroffen wurde. 17 Mitglieder der Großen Koalition müssen rein rechnerisch den Antrag nicht mitgetragen haben, denn die Anzahl der XXL-Koalitions-mitglieder liegt bei 108. Ich finde es unsäglich, wenn man jetzt schon im Netz bei den Ruhrbaronen lesen kann, dass der „Regionalplanversager“ Martin Tönnes abgewählt wurde. Der „Regionalplanversager“, das stellt tatsächlich, dass was der Verband als Ganzes bei der Entwicklung des Regionalplans geleistet hat, völlig in den Schatten. Das tritt völlig in den Hintergrund.

Das finden wir nach wie vor schade, denn mit der Beteiligungsorientierung, der gleichberechtigten Behandlung von Frei- und Grünflächen, der Entwicklung von Wohnen und Gewerbe – das ist in so einem Ballungsraum angesichts der Klimakrise wohl kaum anders sinnvoll. Auch mit der Entwicklung des ruhrFiS zur einheitlichen Erfassung der Flächen hat die Regionalplanung durchaus positive Marken gesetzt, die von der Fachwelt vollständig anerkannt werden. Diese hat gesagt, dass der Verband nicht schlecht gearbeitet hat.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

an dieser Stelle möchten wir uns auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, gerade des Planungsbereiches, für die gute geleistete Arbeit in der Vergangenheit, trotz der Fehler die gemacht wurden, heute noch einmal bedanken!

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

die Fraktion DIE LINKE ist denn auch der Auffassung, dass es bei dem Abwahlantrag nicht vor allem um die Fehler ging, die gemacht wurden. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wollen einen ganz anderen Regionalplan, darum geht es! Es war Ihnen nicht genug, dass der Regionalplanentwurf Flächenreserven für Gewerbe und Industrie von 5.400 ha oder ein Potential für 195.000 Arbeitsplätze ausweist, u.a. durch die Kooperationsstandorte, und Flächen von 3.500 ha mit einem Potential für 115.000 neue Wohnungen. Sie wollten mehr und haben sich massiv als Wirtschaftslobby betätigt! Weil Sie inhaltlich keine Chance hatten, das in der XXL-Koalition durchzusetzen, haben Sie personalisiert und die Verwaltungsspitze, insbesondere den Chefplaner „sturmreif geschossen“.

Vielleicht wollen Sie dadurch für die neue Legislaturperiode auch Schwarz-Grün vorbereiten. Sicher ist, dass es durch die aus unserer Sicht völlig überdrehte und überhitzte Diskussion

  1. unmöglich wurde, die Fehler, die gemacht wurden, sachlich auszuarbeiten und wirkliche Konsequenzen dafür für die Arbeit des RVR zu ziehen und
  2. die gesamte Verwaltung und damit auch das Personal im RVR stark verunsichert wurde.

Die Folgen müssen jetzt dringend aufgearbeitet werden, und das wird noch viel Zeit kosten.

Wir wollen einen solchen Umgang mit Verwaltung jedenfalls nicht, wie wir ihn in den letzten Wochen hier erlebt haben und wie die Ruhrbarone das jetzt weiter betreiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

dabei haben wir im Ruhrgebiet ganz andere Probleme und Herausforderungen. Das macht die Presse heute deutlich in ihrem Bericht über den Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.

Allein in den fünf Jahren von 2012 bis 2017 nahm die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Ruhrgebiet um 87.268 auf insgesamt 735.174 zu. Das ist eine Steigerung von 13,5 % und ein Höchststand, wenn auch die Beschäftigungsverhältnisse oft nicht mehr viel mit den schweren, aber gut bezahlten Arbeitsplätzen bei Kohle und Stahl zu tun haben.

Gleichzeitig ist jedoch die Armutsquote an der Bevölkerung rasant und viel stärker im Ruhrgebiet in den zehn Jahren von 2008 bis 2018 von 16,5 % auf 21,1 % gestiegen nach den Darstellungen und Berechnungen des DPWV. Vier der zehn ärmsten Teilregionen in Deutschland liegen im Ruhrgebiet.

Diese Entwicklung von einerseits mehr Beschäftigung und höherer Langzeitarbeitslosigkeit macht auch deutlich, dass der kapitalistische Markt zumindest hier gar nichts richtet. Trotz florierender Wirtschaft verfestigt sich die Langzeiterwerbslosigkeit und auch die in diesem Jahr wirksam gewordenen Maßnahmen zur Förderung öffentlicher, an den Tarifvertrag angelehnter Beschäftigung sind angesichts dieser Zahlen ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wir unterstützen ausdrücklich, dass was Frau Schmück-Glock (Fraktionsvorsitzende des SPD-Fraktion) hier eben gesagt hat. Sie hat darauf hingewiesen, dass es umso dringlicher ist, die Altschuldenfrage für die Kommunen im Ruhrgebiet zu lösen, um wenigstens etwas handlungsfähiger zu werden. Die Handlungsunfähigkeit vieler Kommunen durch die Haushaltsnotlage in den letzten Jahren führt natürlich auch dazu, dass dort nicht im nötigen Maße gegengesteuert werden kann.

Wir sind aber auch der Meinung, dass die Sozialkonferenz des RVR, die ursprünglich auf eine Initiative der Fraktion DIE LINKE zurückgeht unbedingt weiter ausgebaut werden muss. Wir finden es ausgesprochen gut, dass in Folge dieser Konferenz die Diskussion in der Verwaltung und bei Ruhr Grün inzwischen zur Einstellung von Langzeiterwerbslosen deutlich intensiviert wurde und positive Ergebnisse zu verzeichnen sind. Wir wollen das diese Aktivitäten hier stärker auch für die Beteiligungsgesellschaften gebündelt werden.

Weitere Möglichkeiten könnten hier übrigens auch durch eine Wiedereingliederung zum der jetzt privat vergebenen Gebäudereinigung in den RVR, eine Rekommunalisierung, oder durch die Kooperation des RVR mit einer kommunalen Reinigungsgesellschaft entstehen. Einen solchen Schritt haben wir auch bei unseren „Haushaltsbegleitanträge/Projekten“, die wir eingeführt haben, weil wir nicht bei den Haushaltsanträgen überall plus/minus Null hinschreiben wollten, wie die Große Koalition es uns gerade vorgelegt hat. Wir meinten damit solche Anträge, die tatsächlich als Prüfaufträge erst einmal noch keine Kosten verursachen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Fraktion DIE LINKE hat in diesem Jahr mit 21 finanziell wirksamen Anträgen und 5 Haushaltsbegleitanträgen wieder viele Anträge zum Haushalt des RVR gestellt. Wir haben dies wieder getan, obwohl wir in der Opposition sind, nicht nur weil wir eine fleißige Geschäftsführerin haben, sondern auch, deswegen weil wir wissen, dass bei guten Ideen manchmal etwas hängen bleibt und weil wir schon oft Anträge von uns in etwas anderer Form später als Antrag der XXL-Koalition wiedergefunden haben.

Viele von unseren Anträgen für die nächsten beiden Jahre drehen sich um das Personal. Nach dem Desaster der letzten Wochen wollen wir den RVR zukunftsfähig aufstellen – und das auch personell. Denn genauso, wie die Verzögerungen beim Regionalplan vor allem mit einer zu geringen Personalausstattung zu tun haben, so ist auch insgesamt der RVR personell in vielen Bereichen „Oberkante Unterlippe“ aufgestellt.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

ich will noch auf eins hinweisen. Wir wollen Ruhr Grün etwas stärker bezuschussen, damit eins unter Klimagesichtspunkten aufhört. Nämlich, dass nicht so viel Laubholz eingeschlagen wird, wie Ruhr Grün plant. Das ist auch aus unserer Sicht wichtig, denn es kann nicht nur darum gehen Bäume zu pflanzen. Es muss auch darum gehen den Holzeinschlag und die Holzwirtschaft etwas zurückzudrängen. Mit den 1,4 Mio. Euro die Ruhr Grün an der Stelle einplant, sind wir ziemlich weit oben im Vergleich zu kommunalen Wäldern. Da sind andere Städte weit heruntergegangen. Das bitten wir Sie zu unterstützen.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!