DIE LINKE.im RVR: Reden

Redebeitrag von Wolfgang Freye zum Tagesordnungspunkt 2.1 Haushalt des RVR

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

der Haushalt des RVR soll im nächsten Jahr nur geringfügig auf 90,7 Mio. Euro steigen. Insgesamt ist der RVR trotz geplanter Entnahme aus der Rücklage – wozu ich nachher noch etwas sagen werde – in guter finanzieller Verfassung. Als im Wesentlichen umlagefinanzierter Verband hat er es natürlich auch leichter, als die Kommunen im Mitgliedsgebiet. Er profitiert von der trotz seit Jahren gleichbleibendem Hebesatz im nächsten Jahr durch stark steigende Steuereinnahmen von der stark steigenden Umlage.

 

Auch die Situation in den Kommunen scheint sich bei oberflächlicher Betrachtung im Ruhrgebiet entspannt zu haben. Meine Kollegin von der SPD Frau Schmück-Glock hat dazu eben schon etwas gesagt. Der vor zwei Wochen erschienene Kommunalfinanzbericht des RVR, der aus unserer Sicht in der Zwischenzeit eine gute Übung geworden ist, macht jedoch deutlich, dass die Ruhrgebietskommunen aus der Finanzmisere bei Weitem nicht herausgekommen sind und am eigenen Schopf auch nicht herauskommen werden. Der Teufelskreis von fehlenden Einnahmen, erhöhten Sozialausgaben und fehlenden Investitionen setzt sich nämlich weiter fort.

Der Hauptgrund: Trotz der auch im Ruhrgebiet seit längerem leicht sinkenden Arbeitslosenquote steigt die Zahl der Transferleistungsempfänger/innen. Ende 2016 erhielten fast 800.000 Menschen im Ruhrgebiet Transferleistungen, der größte Teil nach dem SGB II (Hartz IV). Das ist fast jede/r sechste Einwohner/in der Region. Die wachsenden Sozialausgaben führen dazu, dass von den Mehreinnahmen aus Steuern und Schlüsselzuweisungen in den Ruhrgebietsstädten fast nichts übrig bleibt. Hinzu kommt die nach wie vor erdrückende Schuldenlast der Ruhrgebietsstädte. Wir haben die in absoluten Zahlen höchstverschuldete Stadt in unserer Region und die Spitzenreiter bei der Pro-Kopf-Verschuldung.

Die Sozialausgaben stiegen im RVR-Gebiet von 2011 bis 2016 um rund 1,66 Mrd. Euro, die Mehreinnahmen der Städte lagen jedoch bei gerade mal 1,4 Mio. Euro. Pro Einwohner/in haben die Ruhrgebietskommunen 2016 insgesamt 964 Euro an Sozialausgaben geleistet, im Schnitt der westdeutschen Flächenländer waren es jedoch nur 679 Euro.

Besonders alarmierend ist aus Sicht der Fraktion DIE LINKE, dass weder höhere Bundesleistungen noch der „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ in nennenswertem Umfang Spielräume für Investitionen eröffnet haben. Der Investitionsrückstau in die Infrastruktur, in Schulen, Kindertagesstätten usw. wächst. Bei den Investitionen konnten die Kommunen in den Westdeutschen Flächenländern 270 Euro pro Kopf aufbringen, die Ruhrgebietskommunen nur 123 Euro.

Angesichts dieser Situation ist die auch von Prof. Dr. Martin Junkernheinrich und anderen vorgetragene Forderung berechtigt und bedarf der dringenden Umsetzung, dass Bund und Land bei der Festlegung der Berechnungsgrundlagen für Gelder an die Kommunen stärker soziale Kriterien zugrunde legen müssen. Schwarz-Gelb in NRW macht allerdings genau das Gegenteil und will die Gewichtung von Sozialausgaben bei der Gemeindefinanzierung zurücknehmen. Das halten wir für inakzeptabel. Des Weiteren brauchen die Kommunen im Ruhrgebiet dringend einen Schuldenschnitt bzw. eine Altschuldenregelung, sonst kommen sie nie aus dem Tief heraus, erst recht nicht, wenn die Zinsen wieder steigen.

Wir sprechen es deshalb hier an, weil wir meinen, dass der RVR noch stärker als bisher zum Sprachrohr der Region werden muss. Er hat da viel getan, denn der Kommunalfinanzbericht ist ein wichtiger Baustein in dieser Diskussion. Aber gerade in der gegenwärtigen Situation, in der manche ja schon von „Berliner Chaostagen“ reden, ist es wichtig, dass die Region selbstbewusst ihre Forderungen auf den Tisch legt. Dazu gehört auch, dass die Entschuldung und Entlastung der Kommunen, die einen massiven Strukturwandel hinter sich haben, angegangen wird und das können sie nicht allein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der vorliegende Haushalt des RVR ist – wie gesagt – vergleichsweise solide. Aber es gibt durchaus einige Punkte, die Verbesserungspotential haben und es gibt einen Punkt, den wir für inakzeptabel halten.

Ich will jetzt nichts zu den Aufgaben im Einzelnen sagen und auch nichts zu der ausgesprochen wichtigen Diskussion, um die Aufstellung des Regionalplans, zu der wir auch etwas verärgert zur Kenntnis genommen haben, dass es jetzt schon fast auf der Zielgeraden zu Verzögerungen kommen wird. Mit Interesse habe ich allerdings soeben zur Kenntnis genommen, dass Herr Mitschke (CDU) dies sehr bedauert. Man hatte früher eher den Eindruck, dass die CDU auf der Bremse steht und eigentlich alles dazu getan hat, um den Regionalplan nicht voranzubringen. Vielleicht haben wir uns da auch getäuscht. Herr Mitschke hat es ja soeben hier versichert, dass er dies nicht in Ordnung findet. Insofern gehen wir davon aus, dass jetzt keine weiteren Fallstricke oder Blockaden aus dieser Ecke kommen werden in nächster Zeit.

Wir haben unsere Anträge zum Haushalt als erste Fraktion vorgelegt, vor 10 Tagen zur Verbandsausschusssitzung. Nach kurzer Diskussion des Wirtschaftsplanes Ruhr Grün in dieser Sitzung erhielten alle Fraktionen von Ruhr Grün eine Klarstellung, dass auch in 2018 wieder 4 Azubis eingestellt werden sollen, was auch ohne zusätzlichen Finanzaufwand möglich wäre.

Wir freuen uns, dass wir somit noch vor Beschlussfassung mit dem Antrag 11 zur Aufstockung auf 4 Azubis erfolgreich waren, wir erhalten ihn aber aufrecht, dann können es auch 5 werden. Bei der angespannten Lage auf dem Ausbildungsmarkt wäre das wünschenswert.

Gestern hat dann knapp vor der FDP die XXL-Koalition ihre Anträge vorgelegt – bisher waren Sie ja meistens die letzten, liebe Kolleginnen und Kollegen, immerhin ein Fortschritt! – so dass man eine Stunde mehr Zeit hatte, sich damit auseinanderzusetzen und da stellen wir fest: Vier der zehn Anträge der GroKo gehen in eine ganz ähnliche Richtung, wie wir sie beantragt haben. Vielleicht waren da unsere Anträge Mitanreger für die nun eingereichten Antragstellungen. Das finden wir ist eigentlich eine gute Erfolgsquote, vielen Dank für die eigentlich ja kalte, hoffentlich aber freundlich gemeinte Übernahme!

Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll gewesen, sich vorher zu verständigen. Aber wahrscheinlich war es intern in der Großen Koalition wieder so aufwendig, überhaupt etwas gemeinsam zu Papier zu bringen, so dass wir die Abstimmung mit Anderen keine Zeit blieb. Wir würden jedenfalls darum bitten, dass die Anträge einzeln abgestimmt werden, da wir einem Teil der Anträge anderer Fraktionen zustimmen wollen und hoffen auch, dass unsere Zustimmung bei anderen finden.

Nicht zustimmen werden wir dem Antrag der GroKo, die Sportförderung nur um 30.000 Euro zu erhöhen, da er alternativ zu unserem steht, der eine Erhöhung um 70.000 Euro vorsieht. Die 30.000 Euro werden in vollem Umfang für bereits vorliegende Anträge aufgebraucht, für die Weltmeisterschaft Rhythmischer Sport für Menschen mit Down-Syndrom und eine Parcoursveranstaltung mit Jugendlichen gebraucht. Ein Spielraum für weitere Veranstaltungen bestünde nicht mehr. Aber genau den wollen wir erreichen. Das halten wir für sinnvoll. Der Gesamtbetrag der Sportförderung wäre dann auch nicht in einem Rahmen der alles sprengen würde.

In diesem Zusammenhang ist die Fraktion DIE LINKE der Auffassung, dass eine Sportkonferenz durchaus Sinn machen kann. Sie sollte sich aber auch mit dem abgebrochenen Prozess der Diskussion des Masterplans Sport befassen um zu sehen, ob man da nicht weiter kommt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

von unseren 14 Anträgen will ich folgende kurz hervorheben:

1.    Wir wollen ein Kommunikationskonzept für die Direktwahl 2020 und sehen in dem Antrag der Großen Koalition zu einem „Konzept zur Außendarstellung“ gemacht und stärker die Darstellung der Leistungen des Verbandes die gleiche Zielsetzung.

2.    Wir wollen im Haushalt Mittel für eine ruhrgebietsweite Sozialberichterstattung und die Erarbeitung von Konzepten für öffentliche Beschäftigung bereitstellen. Die Fraktion DIE LINKE will nicht, dass die bereits bei den Haushaltsberatungen 2016 „angeschobene“ Sozialkonferenz eine „Eintagsfliege“ bleibt.

3.    Wir wollen einen Integrationspreis Ruhr ausloben. Wir haben länger darüber diskutiert, wie der RVR einer der wichtigsten Zukunftsaufgaben der nächsten Jahre Rechnung tragen kann, nämlich der Integration der Zuwanderer. Dafür soll der Preis ausgelobt werden, und zwar ruhrgebietsweit und nicht nur in einer Stadt wie Dortmund, wo das Projekt „Train of Hope“ meiner Fraktionsgenossin Fatma Karacakurtoglu gerade den ersten Preis gewonnen hat. Ich komme zum Schluss.

Wir werden auch einen Antrag der FDP unterstützen –den Antrag zur Standortwerbekampagne. Es darf aus unserer Sicht nicht sein: dass sich die Ruhrgebietskonzerne eine Wirtschaftskampagne finanzieren lassen, von denen sie profitieren, ohne sich zu beteiligen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und vielen Dank für die Arbeit an die Mitarbeiter*innen des RVR und der Beteiligungsgesellschaften!