DIE LINKE.im RVR: Reden

Statement DIE LINKE Sonder-Verbandsversammlung am 24.9.2018 mit Ministerpräsident Armin Laschet zu den Überlegungen der Landesregierung für die Ruhrkonferenz

Wolfgang Freye

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

positive Zustimmung dafür, dass die Diskussion über die Zukunft des Ruhrgebietes nun endlich auch von der Landesregierung geführt wird, will ich mir sparen. Dafür ist die Redezeit zu kurz. Aber: Man konnte im ersten Jahr nach dem Regierungswechsel zu Schwarz-Gelb den Eindruck erhalten, das Ruhrgebiet sei für die Landesregierung ein ungeliebtes Kind.

  • ​​​​​​Dafür steht das Gezerre um die IGA – danke dafür, dass die Region deutlich gemacht hat, dass sie die IGA will, immerhin geht es um erhebliche Infrakstrukturinvestitionen und bis zu 9.000 Arbeitsplätze.
  • Nach wie vor gibt es Aussagen von Mitgliedern der Landesregierung, dass das Ruhrgebiet immer nur Fördermittel wolle. Das ist ignorant gegenüber der Geschichte, in der die Region Jahrzehnte lang ein Wirtschaftsmotor war und vom Strukturwandel so stark getroffen wurde, wie sonst nur noch die neuen Bundesländer.
  • Es war ein Fehler, dass sich das Land aus dem Streit um die Zukunft von Thyssen-Krupp herausgehalten hat. Hätten Sie ihr Herz für Industriepolitik ein paar Wochen früher entdeckt, Herr Laschet, läge der Firmensitz des neuen Stahlkonzerns ein paar km weiter östlich und die Montanmitbestimmung wäre gesichert.

Anforderungen an die Ruhrkonferenz:

  1. Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen. Dieses Thema wird fast ausgespart, obwohl für die Region zentral ist. In Essen sind mehr als 50 % der Arbeitslosen mehr als vier Jahre arbeitslose, jeder 5. Einwohner und jedes 3. Kind ist arm. Im Landesförderprogramm für Langzeitarbeitslose sind in Essen gerade mal 40 von 250 Plätzen besetzt, weil die Förderbedingungen nicht stimmen.
  • Zu sehr auf den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet.
  • Mindest- statt Tariflohn –können tarifgebundene Träger nicht zahlen.

2. Talentschulen sind ein schlechter Witz. Es gibt im Ruhrgebiet 1.408 Schulen, 30 sollen „Talentschulen“ werden – das sind 2,15 % und das wird an der Lage kaum etwas ändern.

„Gleiches ungleich behandeln“ – Lehrereinstellungsoffensive!

3. Verkehr: Wir stimmen zu, dass das ein Schwerpunkt sein muss – vor allem aber müssen öffentlicher Nahverkehr und Radverkehr gestärkt werden – das belegt die Mobilitätsstudie. Autobahnprojekte sind kontraproduktiv.

4. Mit Interesse sehen wir, dass sich das Land stärker der desolaten Finanzlage der Kommunale Finanzen annehmen will. Wir brauchen einen Altschuldenfonds, die Kassenkredite aller Kommunen müssen in einen Topf.

Außerdem: Förderung darf nicht an fehlenden Eigenmitteln scheitern.

Schließlich: Wir erwarten, dass der RVR an der Ruhrkonferenz auf Augenhöhe beteiligt wird. Bisher ist er gar nicht beteiligt. Man kann aber als Landesregierung nicht einerseits die Stärkung des RVR im RVR-Gesetz verankern – bis hin zur Direktwahl 2020 – in der Praxis den RVR aber außen vor lassen, weil einem die politischen Mehrheiten nicht passen. Auch die Beteiligung von Sozialverbänden und Elemente von Bürgerbeteiligung sollten stärker berücksichtigt werden.

Sicherlich muss man auch die Konzerne in eine Entwicklungsstrategie einbeziehen, die an der gegenwärtigen Situation im Ruhrgebiet ja nicht ganz unschuldig sind. Aber wenn ich sehe, dass sich Konzerne wie Thyssen-Krupp und die Atomenergie- und fossile Energieverbrenner RWE und e.on auch in der Standortmarketingkampagne – die sie monatelang ignoriert haben – nun als Motoren des Wandels darstellen, so ist das schlicht unglaubwürdig.

Und das Land sollte sich lieber für einen rascheren, aber sozial abgesicherten Ausstieg aus der Kohle einsetzen, statt einen der größten Polizeieinsätze zur Vorbereitung der Abholzung eines Waldes zu fahren, die vermutlich zum landschaftsfressenden Abbau der landschaftsfressenden Braunkohle gar nicht gebraucht wird.