DIE LINKE.im RVR: Reden

Rede von Wolfgang Freye zur Verbandsversammlung zum Haushalt 2022

DIE LINKE.im RVR, Wolfgang Freye
Reden

Nach der ersten Direktwahl: RVR weiter stärken und zum „guten Arbeitgeber“ entwickeln

Sehr geehrte Regionaldirektorin, sehr geehrter Herr Vorsitzender,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir verabschieden heute den ersten Haushalt nach der ersten Direktwahl des RVR im letzten Jahr. Und gerade diese viele Jahre ja hochumstrittene Direktwahl – die Grünen und wir hatten sie als erste Fraktionen im RVR gefordert, um sowohl den RVR als auch die Demokratie zu stärken – macht deutlich, dass der RVR heute ganz anders da steht, als vor einigen Jahren. Er ist in den letzten Jahren deutlich gestärkt worden, die mittlere Verwaltungsebene im Land NRW wurde ein Stück weit neu formiert und das Ruhrgebiet als Region erheblich aufwertet.

Die wichtigste Aufgabe, die in den letzten Jahren beim RVR dazu gekommen ist, ist natürlich die Verantwortung für die Regionalplanung. Aber auch Ruhr-Grün ist gewachsen, der RVR plant das Regionale Fahrradwegenetz, es gibt ein Regionales Mobilitätskonzept das umgesetzt werden muss, seit dem Jahr der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 ist der RVR mit der Nachhaltigkeitsstrategie Kultur befasst, er hat eine Klimaberichterstattung erarbeitet, führt die Sozialkonferenz und die Bildungskonferenz durch und bereitet als neues Großprojekt die IGA vor. Damit erfüllt der RVR immer wichtigere Aufgaben in der Region.

Die Zahl der Beschäftigten wuchs entsprechend von 407 im Jahre 2010 – einschließlich RuhrGrün – auf 528 in diesem Jahr, das ist eine Steigerung von 30 %.

Klar ist, dass die gewachsenen Aufgaben mehr Geld benötigen. Aus diesem Grunde sind wir ziemlich verwundert darüber, dass die Große Koalition die von der Verwaltung vorgeschlagene minimale Erhöhung des Hebesatzes um 0,0037 % auf 0,6837 % der Bemessungsgrundlage ablehnt. Klar, ein Teil der Ausgaben des RVR wird über Landeszuschüsse, etliches über Projektfördermittel usw. finanziert. Aber die Verbandsumlage ist mit 77 Mio. Euro immer noch die Haupteinnahmequelle.

Seit 2017 weist der RVR negative Haushaltsergebnisse aus, die nur durch Entnahmen aus den Rücklagen finanziert werden konnten. Im letzten Jahr waren es immerhin -7,7 Mio. Euro, im nächsten Jahr werden -3,6 Mio. Euro geplant.

Uns ist bewusst, dass mehrere Kommunen die Erhöhung des Hebesatzes abgelehnt haben. Vor dieser Kritik muss man doch aber nicht gleich „einknicken“, liebe Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition! Es kann aus unserer Sicht nicht darum gehen, die im Vergleich zu den Städten in der Region doch überschaubaren Einnahmen des RVR um immerhin 408.000 Euro zu kürzen. Wir müssen vielmehr den Nutzen des RVR für die Kommunen erhöhen und seine Funktion als Dienstleister verbessern. Er leistet hier einiges, was die Geodateninformation seit vielen Jahren zeigt oder in den letzten Jahren das Europareferat, das wir auch weiter stärken wollen.

Und wir wollen die Kooperation und die Übernahme kommunaler Aufgaben durch den RVR stärken. Das haben zwar auch schon mal Landesminister angemahnt und in Sonntagsreden sind alle dafür. In der Praxis kommt jedoch z.B. schon der von uns angeregte Beschluss der Verbandsversammlung zur Erarbeitung eines Masterplans Bäder nicht voran, der ja dazu führen sollte, die Bäderlandschaft im Ruhrgebiet stärker aufeinander abzustimmen möglicherweise bis hin zu einer gemeinsamen Gesellschaft.

Berlin hat mit 3,65 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern eine Bädergesellschaft. Im Ruhrgebiet mit 5,2 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern hat fast jede der 53 Städte ihre eigene und wir schaffen es noch nicht einmal, alle Freizeitgesellschaften in der FMR zusammenzufassen, weil nicht alle Städte mitmachen.

Immerhin gehört die Bündelung der Bäderbetriebe auch zu den am Besten bewerteten Vorschlägen der GPA für Kooperationen in der Region. Wir halten es für dringlich, hier wenigstens wieder eine Stelle beim RVR zu schaffen, die sich strategisch mit der Bäderentwicklung auseinandersetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Gutachten der GPA „Bündelung von Aufgaben in der Region – Ansätze für eine Stärkung der regionalen Kooperationen in der Metropole Ruhr“ lag im Entwurf bereits im März dieses Jahres vor. Bis heute wurde es jedoch in den politischen Gremien des RVR noch nicht beraten. Es soll erst im Kommunalrat behandelt werden und der hat sich das erst im nächsten Jahr vorgenommen – ein Jahr nach Vorlage des Gutachtens! Wir finden das hier viel zu viel Zeit verschwendet wird und sehen die Reihenfolge als linke Fraktion als problematisch an. Der Kommunalrat ist letztlich „nur“ ein beratendes Gremium des RVR und eine offene Diskussion über Vorschläge zu Kooperationen der Kommunen mit dem RVR in den Gremien des RVR könnte auch die Diskussion vor Ort etwas beschleunigen.

Man hat nach wie vor den Eindruck, dass letztlich alle Oberbürgermeister und Landräte eifersüchtig über ihre Zuständigkeiten wachen. Dabei sind die Vorschläge der GPA schon eher dünn. Die Bündelung der Forstverwaltung oder die Unterhaltung der Radwegenetze in der gesamten Region gehören ja schon zu den weitestgehenden. Der Vorschlag der Übernahme des Vollzugs der Jagd- und Fischereirechte durch den RVR führte bei uns dann vor allem zu Heiterkeit. Wir leben hier ja nicht gerade im Bayrischen Wald oder am Steinhuder Meer ...

Eine wichtige Aufgabe der Kooperation wäre natürlich der ÖPNV, der zwar ein gemeinsames Dach im VRR hat aber nach wie vor in 17 Einzelgesellschaften gegliedert ist. Und der ist eine der großen wunden Stellen in der Region, die zudem für die Nutzerinnen und Nutzer auch noch teuer ist. Schritte, das zu ändern, gibt es, aber sie sind klein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Fraktion DIE LINKE hat mit ihren Anträgen die meisten Änderungsvorschläge zum Haushalt vorgelegt. Bei den 13 Anträgen, die tatsächlich finanzwirksam sind, geht es um ein Volumen von insgesamt 1,1 Mio. Euro. Das ist letztlich nicht mehr als rund 1 % des Ausgabenvolumens des RVR, es wäre alles machbar. Und Punkte wie stärkere Beiträge zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt, die Umsetzung des auch von der Verwaltung geplanten, aber erst mal gestrichenen Masterplans Mittelstand und Handwerk sind wichtig, ebenso wie die Erhöhung der Aufwendungen für Kultur- und Sportförderung auf jeweils 150.000 Euro.

Wir wollen aber auch die Rolle des RVR als guter Arbeitgeber stärken. Dazu haben wir den Antrag zur Zertifizierung des RVR als fahrradfreundlicher Arbeitgeber durch den ADFC vorgelegt, vor allem aber Anträge gestellt wie den für eine zusätzliche Stelle im Europareferat oder die Bildung eines Ausbildernetzwerkes zur Stärkung der Ausbildung beim RVR. Die Ausbildungsquote des RVR liegt mit 18 Azubis gerade noch bei 3,5 %. Das ist viel weniger, als vor einigen Jahren und passt nicht zu den großen Schwierigkeiten, qualifizierte Kräfte gerade auch für die Verwaltung zu finden. Deshalb muss sich hier etwas ändern.

Wir halten es schließlich für ein Unding, dass 66 der 528 Beschäftigten beim RVR nur befristet angestellt sind, das sind 12,5 %. Solche prekären Arbeitsverhältnisse sind für die Betroffen oft eine Zumutung. Versuchen Sie doch mal, mit einem befristeten Arbeitsvertrag einen Bankkredit zu kriegen! Und auch als Arbeitgeber schießt sich der RVR ins Aus mit der Folge, dass es öfter vorkommt, dass befristet Beschäftigte den RVR verlassen, wenn sie einen festen Arbeitsplatz finden. Die Lücken in den Projekten sind dann schwierig zu schließen.

Deshalb haben wir verschiedene Anträge zu diesem Komplex gestellt. Kern ist die Erarbeitung eines Konzeptes, wie der RVR auch bei Projekten stärker mit unbefristeten Stellen arbeiten kann. Vor einem Projekt muss schon geklärt werden, wie es danach mit fester Beschäftigung weitergeht. Der RVR muss sich darüber hinaus von befristeten Arbeitsverhältnissen, als erstes natürlich von den sachgrundlosen Befristungen verabschieden, wie das verschiedene Kommunen in der Region tun bzw. bereits getan haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich würde mich freuen, wenn Sie unsere Anträge unterstützen würden, zumal wir anders als die Große Koalition einen Finanzierungsvorschlag vorgelegt haben, der nicht auf die Rücklagen zurückgreift. Wir wollen die Mittel der Standortkampagne vor dem Hintergrund der vorzeitigen Verlängerung der Verträge mit der Agentur Scholz & Partner zwar nicht ganz streichen, wie wir es in den letzten Jahren beantragt hatten, aber deutlich kürzen. Die Kampagne sollte kontinuierlich von der BMR weitergeführt werden sollte, die sicherlich auch in der Lage ist, eine Studie zu Wasserstoff in der Region oder zum Ziel der grünsten Industrieregion der Welt in Auftrag zu geben – dafür braucht man keine Werbeagentur.

Außerdem erwarten wir, dass Konzerne, die zum Teil ganz direkt von der Kampagne profitieren, sich mit nennenswerten Summen an der Kampagne beteiligen. Die Beiträge der Wirtschaft zu der Kampagne sind ziemlich intransparent, aber offensichtlich kaum nennenswert.

Wir würden uns freuen, wenn Sie unseren Anträgen zustimmen. Sie stärken den RVR weiter und erhöhen seinen Nutzen für die Region. Und genau darum muss es gehen, auch um sich als Sprachrohr der Kommunen weiter für Fragen wie die dringend nötige Lösung der Altschuldenfrage einzusetzen. Im rot-grün-gelben Koalitionsvertrag wird das Thema zwar angerissen, es bleibt aber inkonkret. Das geht so nicht weiter, das Ruhrgebiet darf nicht weiter als Armenhaus der Bundesrepublik angesehen werden – und das gilt in mehrfacher Hinsicht, auch weil die kommunalen Haushalte hoch überschuldet sind.

Zum Schluss möchte ich mich ausdrücklich bei der Verwaltung bedanken, die uns in den Beratungen immer gut unterstützt und alle Fragen beantwortet hat. Vielen Dank!

Uns allen weiter noch gute Beratungen!