DIE LINKE.im RVR: Reden

Top 16.2 Urbane 34

Fraktion Die Linke im Regionalverband Ruhr (RVR), Wolfgang Freye

Rede von Wolfgang Freye auf der Verbandsversammlung am 28.06.2024

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

ich habe mir die Danksagung für den Schluss aufgehoben und wollte mit etwas anderem anfangen, nämlich mit der Internationalen Bauausstellung Emscherpark. Diese hat unsere Region von 1989 bis 1999 ja doch sehr maßgeblich geprägt.

Wichtig ist mir, nachdem ich mir die Ergebnisse von damals nochmal angesehen habe, dass die IBA Emscherpark drei wesentliche große Ziele verfolgt hat: Sie wollte wirtschaftliche, soziale und kulturelle Impulse setzen. Genau das ist aus meiner Sicht auch gelungen. Alle drei Felder sind dort bearbeitet worden und haben entsprechende Ergebnisse gezeigt. Insgesamt wurden im Rahmen der IBA 120 Projekte abgearbeitet. Das Investitionsvolumen, um das es damals insgesamt ging, waren 2,5 Mrd. Euro, von denen 1,5 Mrd. aus öffentlichen Mitteln kamen. Andere Quellen sprechen von insgesamt bis zu 5 Mrd. Euro an Investitionen, die damals bewegt worden sind – also eine doppelt so hohe Zahl.

Ein konkretes Ergebnis in sozialer und kultureller Hinsicht war, dass es schon zum Kulturhauptstadtjahr 2010 über 50.000 Beschäftigte im Kultursektor in der Region gab. Das waren fast doppelt so viele Beschäftigte wie damals noch im Bergbau gearbeitet haben. Die IBA hat sehr stark zum Wandel beigetragen. Sie hat vor allem auch dazu beigetragen, dass das Selbstbewusstsein der Region gewachsen ist. Sie hat für viele deutlich gemacht, dass es etwas bringt über den eigenen Kirchturm hinauszugucken und Aufgaben gemeinsam in der Region anzupacken. Diese Aufgaben waren damals und sind auch heute noch in unserer Region ziemlich groß.

Die Kulturhauptstadt Europas wäre ohne die Industriekultur, die in der IBA Emscherpark entwickelt worden ist, und zu einem Markenzeichen für unsere Region wurde, nicht zu Stande gekommen. Wenn wir vielleicht auch nicht den Anspruch darauf haben können, die ersten gewesen zu sein, die die Industriekultur entwickelt haben.

Ich war gerade in Turin. Da gibt es zum Beispiel die Fiat-Fabrik in Lingotto. Die habe ich mir angesehen. Sie ist 1982 geschlossen wurden und deren Umbau ist 1989 bereits abgeschlossen gewesen, als bei uns die IBA gerade begann. Der Umbau dieser alten Autofabrik von Fiat in ein Einkaufszentrum, in eine Philharmonie, in ein Hotel und verschiedene soziale Einrichtungen erfüllt heute immer noch seinen Zweck und ist wirklich sehenswert. Wir können also nicht den Anspruch darauf erheben, die ersten gewesen zu sein, die solch einen Umbau alter Industrie betrieben haben. Aber wir sind die ersten, die eine solche Transformation im großen Umfang durchgeführt haben und die das Ganze, wie gesagt, zu einem Markenzeichen entwickelt haben.

Auch die Grüne Hauptstadt Europas in Essen wäre sicherlich ohne diese Vorgeschichte nicht möglich gewesen, ebenso wenig der Zuschlag für die Internationale Gartenbauausstellung, die ja unser nächstes Großprojekt ist, welches an all den Projekten und Entwicklungen in der Region anknüpft. Das ist schon etwas Besonderes.

Ich bin schon sehr froh, dass die manchmal etwas holprige und unglückliche Diskussion in der Öffentlichkeit über ein mögliches Anschlussprojekt mit der heutigen Entscheidung ein gutes Ende findet und wir dann wahrscheinlich wirklich mit vereinten Kräften an die Arbeit gehen können.

Wir sind als Linke ja eher skeptisch gegenüber Leuchtturmprojekten. Wir wissen aber auch, dass sie die Entwicklung manchmal befördern können und vor allem nötig sind, um Fördermittel in großem Umfang zu akquirieren – und darum geht es u.a. natürlich auch bei der Urbane 2034. Ohne die EU, ohne den Bund und das Land wird ein solches neues Großprojekt nicht möglich sein.

Was ich in den Vordiskussionen, die wir gehabt haben und in der interfraktionellen Arbeitsgruppe, die den Beschluss vorbereitet hat und über dessen Ergebnisse in der Vorlage auch berichtet wird, besonders wichtig fand, war die Aussage von Beraterinnen und Beratern, die wir dort hatten: „Jedes Großprojekt braucht soziale Ziele.“

Ich habe gerade gesagt, solche Ziele hatte die IBA, die Kulturhauptstadt und auch die IGA hat mit dem Motto „Wie wollen wir leben?“ soziale Ziele und verfolgt das Ziel der sozialen Transformation hier in der Region.

Für das neue Großprojekt gilt das auch. Denn das Ziel Grünste Industrieregion der Welt zu werden, ist auch ein soziales Ziel. „Unsere europäische Metropole Ruhr – die grünste Industrieregion der Welt“ soll das bestimmend Motto, die Kernaussage für die Urbane 34 werden. Es muss vor allem darum gehen, unsere Region lebenswerter zu machen! Das heißt auch, dass wir eine Art „Musterregion“ zur Überwindung von Langzeiterwerbslosigkeit und Armut werden müssen, denn Armut und Langzeiterwerbslosigkeit sind nach wie vor die Achillesferse der Region. Wir stehen an der „Spitze“ in der Republik und das macht deutlich, dass die Transformation der Region noch lange nicht abgeschlossen ist.

Das Thema kommt im bisherigen Diskussionsstand zur Planung vor. Es soll insbesondere in den Bereichen Bildung und Vielfalt entwickelt werden. Es gehört meines Erachtens auch in die Bereiche Stadtentwicklung und Stadtquartiersentwicklung maßgeblich mit hinein.

Die Flächenproblematik ist auch ein weiteres Thema, dass uns sehr am Herzen liegt. Die Umnutzung von brachliegenden Industrieflächen, die Nachnutzungen und Nachverdichtung von bestehenden Flächen oder Wohnen im Klimawandel sollen zentrale Themen sein. Auch hier geht es um den Umbau vorhandener Strukturen.

Ich will in dem Zusammenhang noch einmal auf etwas hinweisen, auf das wir vielleicht noch mal genauer schauen sollten. Es gibt von der UNO formulierte, festgelegte Nachhaltigkeitsziele, die in der kommunalen Entwicklung eine wichtige Rolle spielen können. Zu solchen Nachhaltigkeitszielen gehören sowohl soziale Ziele als auch Ziele, die eine Reaktion auf den Klimawandels sind, also auch die dringend notwendigen Umbaumaßnahmen in den Städten, in denen, wenn es noch viel wärmer, viel heißer wird, die Lebensqualität drastisch abnehmen wird.

Ich glaube, dass wir uns die sogenannten SECAP-Ziele nochmals ansehen müssen und dass wir bei den Projekten, die wir im Rahmen der Urbane 34 planen – und jetzt geht es ja erst richtig los – vieles von dem Abarbeiten können, was darin steht. Ich glaube, dass wir den verschiedenen Aspekten, um die es dabei geht, gerecht werden können. Wir sollten sie aufgreifen!

In dem Sinne bin ich sehr zufrieden damit, dass wir heute mit einer großen Mehrheit das Projekt URBANE 34 beschließen werden und dann an die Arbeit gehen. Ich bedanke mich wirklich ganz herzlich bei all jenen, die eine sehr gute Vorarbeit in der Verwaltung geleistet haben. Aber auch das Klima unter den politischen Fraktionen im Arbeitskreis war gut. Es war eine offene Diskussion und wir können sicherlich gemeinschaftlich etwas erreichen.

Vielen Dank!