DIE LINKE.im RVR: Reden

„Rotstift“ bei Transformation und Sozialem ist falsche Antwort auf Haushaltskrise – Stillstand beim RVR überwinden

Fraktion DIE LINKE im Regionalverband Ruhr (RVR), Wolfgang Freye

Rede von Wolfgang Freye zum Haushalt 2024 auf der Verbandsversammlung des RVR am 8.12.2023 (nach dem Manuskript mit einigen Ergänzungen)

Sehr geehrte Frau Regionaldirektorin, sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen,

und natürlich lieber Herr Klimpel … Ich will nicht der Versuchung erliegen, Ihre Spitze zu kommentieren. Ich weiß ja: „Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung …“ Aber ich versichere Ihnen, dass ich mir jede Spitze merke und mal sehen, manchmal ändert sich ja die politische Lage und die Stimmung. Dann kriegen Sie das zurück!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das erwartbare Urteil des Bundesverfassungsgerichts und der Streit der Ampel um die Folgen hat eine Haushaltskrise ausgelöst, die das Ruhrgebiet massiv bedroht. Aus dem Klima- und Transformationsfonds von knapp 60 Mrd. Euro für 2024, der durch das Urteil erst mal gestoppt wurde, sollten auch große Wasserstoff-Projekte gefördert werden, die noch nicht bewilligt sind wie die Projekte Get H2, die Wasserstoffleitung im Norden des Ruhrgebietes, und Green Motion Steel.

Aus Sicht der Fraktion Die Linke wäre es für die Region katastrophal, wenn diese Projekte gecancelt würden. Es wäre der Anfang vom Ende zumindest der CO²-intensiven industriellen Produktion im Ruhrgebiet, wie der Stahlindustrie, und es wäre das Ende einer Transformation dieser Industrien in eine moderne, CO²-neutrale Produktion.

Doch das ist nicht alles! Während die Ampel und die Unionsfraktion vor dem Hintergrund des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine mal eben ein Sondervermögen von 100 Mrd. Euro zur Aufrüstung in die Verfassung geschrieben haben, diskutieren vor allem CDU und FDP jetzt über massive Sozialkürzungen und stellen selbst die längst vom Bundestag beschlossene Bürgergeld-Erhöhung in Frage. Dabei hat schon der vorherige Entwurf des Bundeshaushaltes drastische Sozialkürzungen vorgesehen, z.B. bei den Kosten der Unterkunft, beim Wohngeld und der Unterbringung von Flüchtlingen – diese Ausgabenkürzungen gehen übrigens auch zu Lasten der Kommunen.

Auch weitere Sozialkürzungen würden gerade unsere Region hart treffen. Die Armutsquote liegt nach dem letzten Bericht des DPWV im Ruhrgebiet bei 22,1 %, bundesweit bei 18,9 %. 1,3 Mio. Menschen leben hier unterhalb der Armutsgrenze, mehr als jede und jeder Fünfte – es kann nicht angehen, dass diese Menschen jetzt die Rechnung für eine abenteuerliche Haushaltspolitik tragen.

Die Abschaffung oder wenigstens eine Reform der Schuldenbremse, die so weltweit einmalig ist, wäre die einfachste Lösung der Haushaltskrise. Kein Unternehmen und kein Hauskäufer käme auf die Idee, Investitionen in die Zukunft nur aus vorhandenen Einnahmen zu zahlen. Sie achten auf ein Eigenkapital von sagen wir 30 % und damit gehen sie zur Bank oder Bausparkasse. Zukunftsinvestitionen müssten aus der Schuldenbremse herausgenommen werden, sagen selbst CDU-Ministerpräsidenten.

Gleichzeitig könnte man an bestimmten Steuern drehen – und damit meine ich nicht an denen für Facharbeiter oder Ingenieure. Aber hohe Vermögen und Erbschaften werden in der Bundesrepublik vergleichsweise niedrig besteuert – selbst niedriger als im Musterland des Kapitalismus, in den USA. Die Haushaltskrise könnte so ohne Sozialkürzungen gelöst werden!

Doch auch das ist nicht alles. Das Ruhrgebiet wird auch deshalb besonders betroffen, weil die von allen versprochene dringend notwendige Entlastung der Städte von den horrenden Altschulden nun in noch weitere Ferne rückt. Spätestens jetzt rächt sich der Versuch der Landesregierung, namentlich von Frau Scharrenbach, die Finanzierung einer Altschuldenregelung anders als andere Bundesländer ausschließlich auf andere zu schieben, statt selbst Verantwortung zu übernehmen. Wir müssen hier als RVR trotzdem „am Ball bleiben“, dazu ist die Frage zu existenziell!

Immerhin sind wir als RVR abhängig von der Umlage der kreisfreien Städte und Kreise, die in diesem Jahr stabil bei 0,68 % ihrer Haushaltsausgaben liegt. Und bei allem Verständnis für sparsames Wirtschaften halten wir es angesichts der riesigen Unwägbarkeiten für falsch, heute schon festzulegen, dass die derzeitige Umlage auch 2025 nicht erhöht werden soll. Es muss gewährleistet sein, dass der RVR seine Aufgaben, die ja auch den Kommunen zugutekommen, weiter erfüllen kann. Und hier haben wir einige Hausaufgaben als RVR zu machen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Aus unserer Sicht muss die Frage der Übernahme von Aufgaben, die Förderung der Kooperation von Kommunen mit mehr Nachdruck betrieben werden. Wir kommen hier seit Jahren nicht voran. Diesen Stillstand können sich weder der RVR noch die Kommunen leisten.

Es ist absurd, dass die Vorschläge der GPA, die seit Jahren vorliegen, immer noch keine Umsetzung erfahren haben. Und weitere kommen hoffentlich dazu, wie die kommunale Wärmeplanung, für die der RVR Leistungen für die Kommunen übernehmen könnte – wenn er denn das Personal hat, was einer unserer Haushaltsanträge sichern will und auch einer der Koalition. Wir können jedoch nicht nachvollziehen, warum die Koalition für zusätzliches Personal an dieser Stelle Kosten einsetzt, denn es geht ja um Leistungen für die Kommunen, die diese auch bezahlen sollen.

Es ist absurd, dass wir heute sogar über eine Rückabwicklung der Zusammenarbeit im Bäderbereich entscheiden müssen, weil nicht alle Städte diese Kooperation wollen. Und wir brauchen dringend eine Strategiediskussion, wie die Transformation in der Region weiter vorangebracht werden kann und wie sich der RVR aufstellt.

Die Fraktion Die Linke ist ja froh, dass die Finanzierungsprobleme bei der IGA offensichtlich so weit geklärt werden konnten, dass die Eckprojekte wie die „Zukunftsgärten“ stehen. Die IGA muss zu einem Erfolg für die Region werden. Ich bin auch froh, dass wir mit der Diskussion um Nachfolgeprojekte, um eine neue IBA oder eine Urbane ’34 begonnen haben und wir sind zuversichtlich, dass wir nächstes Jahr zu konkreteren und abgestimmten Vorschlägen kommen.

Gegenwärtig haben wir zu viel Stillstand, trotz der Stärkung und des Wachstums des RVR bei Projekten und Beschäftigten. Den Stillstand müssen wir überwinden und deshalb müssen wir sowohl über die regionale Entwicklungsstrategie weiter diskutieren als auch über die Strategie des RVR.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Fraktion Die Linke hat es noch nicht aufgegeben, Anträge zum Haushalt zu stellen – anders als die Grünen – insgesamt sind es 14 plus 4 Begleitanträge. Wir haben wiederholt die Erfahrung gemacht, dass das eine oder andere unserer Themen dann doch irgendwann aufgegriffen wird … Ich kann sie aus Zeitgründen nicht ausführlich begründen. Hinweisen möchte ich aber insbesondere auf unsere Anträge zu Ausbildung und Personal. Hier muss sich der RVR aus unserer Sicht besser aufstellen. Anderenfalls werden die Schwierigkeiten, überhaupt qualifiziertes Personal zu finden, noch größer.

Und natürlich kann man sagen, viele Projekte gibt es schon im Haushaltsplan, Herr Klimpel. Aber es ist natürlich ein Unterschied, ob ich 200.000 Euro für den Förderfonds Interkultur einplane, oder 300.000 Euro und für die Sportförderung eine Steigerung von 100.000 Euro auf 160.000 im Haushalt vorsehe. Beide Töpfe sind nämlich überzeichnet, der RVR erhält mehr Anträge, als er finanzieren kann. Und daran wollen wir etwas ändern.

Im Gegensatz zur Koalition haben wir für unsere Anträge auch eine Gegenfinanzierung: Die Kürzung der Mittel für die Standortmarketingkampagne. Wir sollten das Dilemma um das Auswahlverfahren nutzen, um hier nun endlich deutlich mehr in eigener Regie zu machen.

In diesem Sinne bitten wir um Zustimmung zu unseren Anträgen.