Verbandsversammlung am 13. Dezember 2013- Rede von Wolfgang Freye zum TOP 1.9.1 7. Änderung des Regionalplanes für den Regierungsbezirk Münster (Teilabschnitt Emscher-Lippe) zur Festlegung eines Kraftwerksstandortes auf dem Gebiet der Stadt Datteln

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Kollege Eiskirch hat eben gesagt, dass der Super- Gau für Datteln IV der Baustopp gewesen wäre und dass dies im Wesentlichen von Schwarz-Gelb zu verantworten wäre. Tatsächlich hat die Landesregierung bei den Gerichtsentscheidungen eine Rolle gespielt, insbesondere bei den immissionsschutzrechtlichen Fehlern, die gemacht wurden und die praktisch durch das Verfahren noch geheilt werden müssen. Durch das Zielabweichungsverfahren, das das Land jetzt durchführt, werden d i e s e Fehler aber auch nicht geheilt.

 

Das Problem war doch vor allem, dass die Stadt Datteln einen Bebauungsplan beschlossen hat, der schlichtweg rechtswidrig ist nach Auffassungen der Gerichte – und das nicht nur wegen des fehlenden Zielabweichungsverfahrens, auch nicht nur aus immissionsschutzrechtlichen Gründen, sondern vor allem wegen der Abstandsfrage. Es ging um die Frage des Abstandes zwischen dem gesamten Industriekomplex zur Wohnbebauung, der nicht eingehalten wurde und insbesondere um den Abstand des Ammoniaklagers, das hoch gefährlich ist, von der Wohnbebauung.

Wir haben genau das hier schon öfter diskutiert. Ich kann mich erinnern, wie in der letzten Verbandsversammlung die Flasche mit dem Gefahrgutabzeichen, dem Totenkopf, die Herr Jung aus meiner Fraktion, der Fraktion DIE LINKE, mitgebracht hatte, hier zu einiger Unruhe geführt hat. Einige dachten: „Vielleicht ist es ja doch gefährlich? Was passiert, wenn er die Flasche jetzt fallen lässt?“ Diese Fragen werden sich auch in Datteln erneut in der nächsten Zeit stellen. Denn auch die Ammoniaklösung, die jetzt dort verwendet werden soll, ist überhaupt nicht so ungefährlich wie gedacht, sie besitzt durchaus Gefährdungspotential.

Vor allem aber wollen wir eins erneut feststellen: Die größten Fehler beim Planungsverfahren hat der Konzern e.on selbst gemacht. Er hat die Fehler auch zu verantworten, weil er von Anfang an bis Ende an dem Planungsverfahren beteiligt war und weil in dem Planungsverfahren immer wieder auf seine Wünsche Rücksicht genommen wurde und weil er dann, nach dem die ersten Gerichtsentscheidungen schon vorlagen, weiter gebaut hat und weiter gebaut hat und noch mal weiter gebaut hat. Er hat alles gemacht, was irgendwie in den Lücken der entsprechenden Rechtsprechungen möglich war.

Dieses Vorgehen hat erst dazu geführt, dass in Datteln ein Schwarzbau im Wert von über einer Milliarde Euro steht, dem nun tatsächlich unter bestimmten Umständen wirklich droht, zur Industrieruine zu werden. Auch dann, wenn das Zielabweichungsverfahren bei der Landesregierung durch kommt, auch dann wenn der Regionalplan entsprechend geändert wird, weil unter Umständen die anderen Fehler überhaupt nicht geheilt werden können.

Letzten Endes werden die Gerichte entscheiden. Das haben andere Kollegen auch schon gesagt.

 

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

und das ist doch das Problematische daran. Es geht um die Arroganz der Macht von Energiekonzernen in diesem Land.

Auch wenn man Industriepolitik betreiben will und das wollen wir als LINKE auch, wissen wir, dass Industriepolitik und Arbeitsplätze eng zusammen hängen. Wir sind nicht dafür, dass es durchgeht, dass man mit Arroganz, mit Machtpositionen Politik machen kann und damit letzten Endes Bauten durchsetzt, die im normalen Verfahren keine Chance hätten, weil sie gegen Baurecht verstoßen, gegen Landesrecht verstoßen und gegen Landesplanungsrecht und andere gesetzliche Regelungen verstoßen.

Und wenn die Fehler jetzt durch das Zielabweichungsverfahren korrigiert werden sollen – und ob das rechtssicher ist, ist wie ausgeführt sehr fraglich – dann ist das letzten Endes eine politische Entscheidung, die man überhaupt nicht treffen müsste. Wir haben mehrfach im Laufe des Verfahrens nachgefragt, ob es irgendwelche Rechtsansprüche von E.on gebe, auf die Heilung von Fehlern gebe. Da ist uns immer wieder ausdrücklich gesagt wurden: „Nein, das ist nicht der Fall! Es sind letztendlich immer politische Entscheidungen, die da getroffen werden.“

Und genau das finden wir problematisch. Ich habe hier schon mehrfach gesagt: Auch Industriepolitik ist an die Gesetze gebunden. Vor allem ist es für alle Investoren wichtig, dass Gesetze und gesetzliche Rahmenbedingungen eingehalten werden. Insofern ist die heutige Entscheidung, von den bisherigen Regelungen abzuweichen, um durch das Zielabweichungsverfahren ein Sonderrecht zu schaffen, kein gutes Zeichen für den Industriestandort. Es ist ein Zeichen für die Durchsetzungsfähigkeit von großen Konzernen wie e.on – und das, obwohl die Probleme, die dort in der Energieversorgung praktisch bestehen sollen – es wurde eine Zeit lang ja immer argumentiert, dass dieses Kraftwerk unbedingt notwendig sei für die Versorgung der Bahn mit Strom – in der Zwischenzeit – das ist auch völlig klar – ganz anders gelöst werden könnten.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

ich will nicht schließen ohne auf eins noch mal hinzuweisen. Ich finde es schon ein etwas abgekartetes Spiel wie die Grünen operieren. Vor Ort und im Regionalverband hier dagegen zu sein – was Euch ja auch etwas spät eingefallen ist, liebe Kolleginnen und Kollegen – denn man hätte auch von Anfang an gegen die Einleitung des Abweichungsverfahrens stimmen können. Das habt ihr nicht getan! Hier jetzt dagegen zu sein und auf Landesebene die Entscheidung mitzutragen, das ist schlicht weg unglaubwürdig. Es kann nicht sein, dass man so Politik macht!

Ich denke schon, dass die Grünen auch auf Landesebene ein bisschen mehr Zähne zeigen könnten zur Durchsetzung der rechtlichen Grundlagen, die es gibt. Man sollte sich an das halten, was immer gesagt wurden ist: „Wir machen keine Sonderregelungen für E.on. Wir machen keine Änderungen an bestehenden rechtlichen Regelungen.“ Das Gegenteil ist jetzt der Fall!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!