Verbandsversammlung am 17. Dezember 2012- Redebeitrag von Olaf Jung zum TOP 1.1 Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans- Projektanmeldung für den Bereich Straße

Sehr geehrter Vorsitzender,

sehr geehrte Damen und Herren.

 

Rechtzeitig vor Weihnachten müssen wir uns hier im RVR mit einer maßlosen Wunschliste von Straßenneubauten befassen. Dabei steht unsere vorhandene Infrastruktur kurz vor dem Kollaps. Selbst wenn alle Mittel, die für den Straßenneubau vorgesehen sind, in die Erhaltung und Sanierung der bestehenden Straßeninfrastruktur flössen, würde die Qualität dieser Infrastruktur in den nächsten Jahren dennoch absinken. Vor diesem Hintergrund sollte schon das wirtschaftliche Grundverständnis eine Aufblähung des Bundesverkehrswegeplanes verbieten. Für unsere Region sollten nur unverzichtbare und umsetzbare Projekte aufgenommen werden. Alle weiteren Straßenbauprojekte im Bundesverkehrswegeplan binden Planungskapazitäten, verursachen unnötige Planungskosten und behindern - durch die Veränderungssperre - die Möglichkeit alternative Lösungen zu finden.

Für den Ruhralleetunnel und die Essener Abschnitte der A 52 sieht selbst die Landesregierung keine Möglichkeit diese Projekte in absehbarer Zeit finanzieren zu können. Wenn diese Projekte im Bundesverkehrswegeplan verbleiben, hat dies ausschließlich negative Effekte. Autobahnplanungen, die nie realisiert werden können, blockieren die Entwicklung diverser Flächen entlang der Strecke. Deshalb dürfen diese Abschnitte nicht wieder für den BVWP vorgeschlagen werden.

Bei den Abschnitten der A 52 die in Gladbeck liegen, gibt es eine besondere Situation. In Gladbeck wurde mit Unterstützung von Land und Bund ein Ratsbürgerentscheid durchgeführt, mit dem die Gladbecker über die Fortführung der A 52 Planungen für das gesamte Gladbecker Stadtgebiet entschieden haben. Das war mit dem Bund und vor allem dem Land NRW fest vereinbart und den Bürgern ausgiebig erklärt worden. Wie im Wahlkampf hingen an fast jeder Laterne Plakate.  Transparente und Banner mit der Aufschrift ?A52 Tunnel ? die Chance für Gladbeck? waren im Stadtbild präsent.In allen Stadteilen gab es Informationsveranstaltungen für die Bürger und im Rathaus wurde ein A 52 Büro, samt Modell des A52-Tunnels und desAutobahnkreuzes, eingerichtet. Die Bürger in Gladbeck haben diese Möglichkeiten intensiv genutzt, die Diskussion über den Bau der Autobahn wurde in der gesamten Bürgerschaft geführt, es gab Zeitungen mit einer Doppelseite voll mit Leserbriefen zu dem Thema. Dabei stand vor allem das riesige Autobahnkreuz und die erhebliche Zunahme des Verkehrsaufkommens im Zentrum der Kritik, während andererseits für einen Tunnel und eine weitere Stadtentwicklung geworben wurde.Die Wahlbeteiligung bei dem Ratsbürgerentscheid war höher als die der letzten Kommunalwahl in Dortmund. Das Ergebnis war eindeutig, in jedem Stadtteil sprach sich eine Mehrheit der Bürger gegen den Bau der A 52 aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

NRW Minister Garrelt Duin hat in seinem Haus die Geschäftsstelle ?Dialog schafft Zukunft ? Fortschritt durch Akzeptanz.NRW? ins Leben gerufen. Hierbei geht es darum bei Industrie- und Infrastrukturprojekten die Sorgen, aber auch die Vorschläge und Hinweise der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und frühzeitig einzubinden. ?Ohne die Beteiligung der Menschen vor Ort kann dies jedoch nur schwer gelingen?, hat auch Minister Duin erkannt.

Auch Minister Ramsauer hat die Zeichen der Zeit erkannt. Im November stellte er das ?Handbuch für gute Bürgerbeteiligung? vor. Lassen Sie mich zitieren: ?Für Erhalt und Ausbau unserer Verkehrsnetze brauchen wir die Akzeptanz der Gesellschaft. Um eine gute Planungskultur zu schaffen, müssen wir Betroffene zu Beteiligten machen. Das Handbuch kann zum besseren Gelingen großer Verkehrsprojekte beitragen?. So Minister Ramsauer bei der Vorstellung des Handbuchs.

Dabei scheint es als ob die Bürgerbeteiligung in Gladbeck eine Blaupause, sowohl für den Werkzeugkasten ?Dialog schafft Zukunft? als auch für das ?Handbuch für gute Bürgerbeteiligung? war.

Wenn sich die Politik im RVR heute über das urdemokratische Votum der Gladbecker Bürger hinwegsetzt, dann wird damit ein fatales Zeichen an die Bürger im ganzen Land gesetzt. Den Menschen würde vermittelt, dass die Politik mit gespaltener Zunge sprichtund ihre gegebenen Zusagen nicht einhält. In Hochglanz-Broschüren wird die Bürgerbeteiligung hochgehalten wie eine Monstranz, wenn die Bürgerentscheidung dagegen nicht zum gewünschten Ergebnis geführt hat, dann wird sie ignoriert. Es geht also gerade bei diesen Abschnitten der A 52 auch um die Glaubwürdigkeit der Politik im RVR, im Land NRW und auch auf Bundesebene. Daher darf das Projekt A52 für den Bereich der Stadt Gladbeck nicht wieder in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden!

Der verbleibende A52- Planungsabschnitt auf Bottroper Stadtgebiet endet dann ohne ausreichende Anbindungen an der Gladbecker Stadtgrenze und hat somit nach übereinstimmenden Aussagen von Bund und Land keinen eigenen Verkehrswert.

Mit der Aufnahme der A52 in den neuen Bundesverkehrswegeplan würde der jetzige, teilweise unerträgliche Zustand der B 224 in Gladbeck und Bottrop wieder auf Jahre hinaus zementiert. Denn dassder Bau der A52 während der Geltungsperiode des neuen Bundesverkehrswegeplanesangegangen wird, daran glaubt doch niemand, der sich ernsthaft mit dem Projekt befasst hat. Im Gegenteil, die Herausnahme der A 52 aus dem Bundesverkehrswegeplan eröffnet die Möglichkeit, die B 224, die jetzt das Bild einer Verkehrskloake vermittelt, sowohl in Gladbeck als auch in Bottrop wesentlich zu verbessern und zu ertüchtigen.

Bei den Projekten des 6-streifigen Ausbaus der A 42 und A 43, die von der Bezirksregierung nur auf Vorschlag der IHK aufgenommen wurden, fehlen jegliche Stellungnahmen der beteiligten Städte oder des Landesstraßenbauamtes. Gerade der von der IHK vorgeschlagene Ausbau der A43 zwischen Marl und Münster, eine der wenigen Autobahnstrecken auf denen kaum etwas los ist, erscheint nicht sinnvoll. Man könnte fast den Eindruck haben, dass bei den IHK-Vorschlägen nicht der Verkehrswert, sondern die Masse an Beton die verbaut werden kann im Vordergrund steht.

Die Vorschläge der Bezirksregierung Münster, die das Ergebnis des Gladbecker Ratsbürgerbegehrens und die Stellungnahme des Gladbecker Bürgermeisters ignorieren, aber ohne eine geäußerte Notwendigkeit durch eine Kommune diese IHK- Projekte für den Verkehrswegeplan übernehmen zeigt, wie weit sich die Bezirksregierung von den Bürgern und von den demokratisch gewählten Gremien entfernt hat.

Wegen der sehr verschiedenartigen Kritikpunkte und den sehr verschiedenartigen Betroffenheiten der vorgeschlagenen Projekte beantragt DIE LINKE, dass über die aufgelisteten Einzelprojekte auch einzeln abgestimmt wird.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.