Verbandsversammlung am 5. Juli 2013- Redebeitrag von Wolfgang Freye zum TOP 2.2 Verabschiedung der Haushaltssatzung 2013

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Frau Regionaldirektorin,

liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

 

wir haben in den letzten Jahren den Haushalt für das laufende Jahr nach meiner Erinnerung, noch nie so spät verabschiedet, wie in diesem Jahr.

Auch ich möchte betonen, dass eine solche Situation sich von den Planungen her nicht wiederholen sollte und wird.

In gewisser Weise hat die Verschiebung deutlich gemacht, dass muss man aber auch feststellen, dass der RVR vor einem Umbruch steht. Damit meine ich nicht nur Fehlinterpretationen der neuen gesetzlichen Vorgaben, wie dem Umlagegesetz.

Vielmehr hat die letzte Verbandsversammlung sich mit großer Mehrheit für eine weitere Stärkung des RVR sowohl als Kommunalverband als auch als politische Klammer und ?Mittelinstanz? ausgesprochen. DIE LINKE hat der von den großen Fraktionen eingebrachten Resolution übrigens zugestimmt, auch wenn die Presse das in einigen Artikeln ignoriert hat.

Genau diese lange überfällige Positionierung hat aber auch dazu geführt, dass in den Kreisen die Frage einer möglichen Loslösung vom RVR teilweise wieder diskutiert wurde und das hat auch die Diskussion um die Benehmensherstellung nach meinem Eindruck ein Stück weit beeinflusst. Außerhalb des Ruhrgebietes - einige Kollegen und Kolleginnen, wie Frau Schmück-Glock, haben es bereits benannt - namentlich im Münsterland und in Westfalen, gibt es seit Wochen ohnehin viele Resolutionen, Meinungsäußerungen und Presseartikel gegen eine Stärkung des RVR.

Tatsächlich geht es bei unserer gemeinsam verabschiedeten Resolution jedoch weder um eine ?Bevorzugung? des Reviers, noch um eine ?Sonderrolle?. Es geht vielmehr darum, die Verwaltungsstrukturen ein Stück weiter an die tatsächliche regionale Entwicklung anzupassen. Das Ruhrgebiet hat sich über Kohle und Stahl in den letzten 150 Jahren überhaupt erst zu einer Region, zu einem eng verknüpften industriellen Raum entwickelt, der heute sowohl durch Arbeits- als auch durch kulturelle Pendler eng verknüpft ist. Dem hinken die politische Struktur und auch die Verwaltungsstruktur in NRW hinterher.

Mehr noch die Regionalplanungskompetenzen, die der RVR seit 2009 wieder hat, hatte der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk ja auch schon einmal. D.h. es gab in den letzten Jahrzehnten sogar echte Rückschritte gegenüber den vorherigen Regelungen, die durch die bereits umgesetzten Änderungen im RVR-Gesetz und unsere Resolution behoben werden sollen, um zu erreichen, dass der Verband sich zeitgemäß aufstellt.

Jetzt geht es darum, die kommunale Zusammenarbeit in der Region zu erleichtern und zu fördern und gleichzeitig die politische Rolle des RVR durch Direktwahl der Mitglieder der Verbandsversammlung zu stärken. DIE LINKE hat übrigens kein Problem auch mit einer Direktwahl der anderen Regionalräte, das entspricht unserer Beschlussfassung auf Landesverbandsebene. Auch dort würde es zu einer Demokratisierung beitragen. Die Bezirksräte in Bayern, die übrigens vergleichbare Aufgaben wie unsere Regionalräte haben, werden tatsächlich schon lange direkt gewählt. Es wäre also im föderalen Gefüge der Bundesrepublik Deutschland nicht einmal etwas Ungewöhnliches.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in der Haushaltsdebatte vor einem Jahr, kurz nach der Auflösung des Landtages, haben sich alle Fraktionen hier in der Verbandsversammlung zu der dramatischen Entwicklung der Kommunalfinanzen geäußert. In diesem Jahr herrscht auf diesem Feld scheinbar Entspannung, die kommunalen Haushaltsfehlbeträge auch der Ruhrkommunen haben sich nach dem Kommunalfinanzbericht Ruhr von -1,05 Mrd. ? 2010 auf -713 Mio. ? 2011 verringert, durch höhere Steuereinnahmen und Zahlungen des Landes an ?Stärkungspakt?-Kommunen.

Der Schein trügt jedoch. Die Gewerkschaft ver.di kommt in ihrem Kommunalfinanzbericht 2012 dementsprechend jedenfalls zu dem Schluss:

?Tatsächlich haben großzügige Steuerentlastungsprogramme für reiche Haushalte, Vermögende und Unternehmen seit dem Jahr 2000 den Gebietskörperschaften dauerhaft drastische Einnahmeverluste beschert ? Begünstigt durch die Entwicklung der Steuereinnahmen und die Verabschiedung des Stärkungspaktgesetzes NRW blieb eine weitere Verschlechterung der Einnahmeseite aus. Eine grundlegende Verbesserung für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen hat sich hierdurch aber nicht ergeben.?

Allein die kumulierten kommunalen Einnahmeverluste aufgrund von Steuerrechtsänderungen des Bundes liegen in NRW in den Jahren 2000 bis 2011 bei fast 18 Mrd. Euro, der Anstieg der Kassenkredite der Kommunen betrug in NRW im gleichen Zeitraum 19 Mrd. Euro und ist damit im ziemlichen Gleichklang in der Entwicklung.

Da sind die 5,8 Mrd. Euro, die die Landesregierung in den ?Stärkungspakt? stecken will, sofern die 61 beteiligten Kommunen das angeordnete harte Spar- oder besser Kürzungsdiktat umsetzen, in gewisser Weise ein Tropfen auf den heißen Stein ? zumal der Zahlungszeitraum für die genannte Summe 10 Jahre beträgt.

Die kommunale Finanzkrise ist gerade in den Kommunen, in Regionen des Strukturwandels wie dem Ruhrgebiet nicht beendet. Die Forderung nach einer grundlegenden kommunalen Finanzreform des Bundes ist weiter hochaktuell. Deshalb wollen zu mindestens wir im Jahr der Bundestagswahl das Thema ansprechen. Die kommunale Finanzreform ist ja vor allem ein Bundesproblem.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in diesem Rahmen nimmt sich der Haushalt des RVR ausgenommen bescheiden aus.

Der Haushalt des RVR beträgt in diesem Jahr rund 59 Mio. Euro. Das ist zwar wieder eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr, aber unter dem Strich nicht viel mehr als ein Viertel des Haushaltes einer 75.000 Einwohnerstadt wie Gladbeck. So viel zum Thema die ?Macht des RVR? bedrohe die Kommunen des Ruhrgebietes oder die Kompetenzen von anderen Räten oder Regionalräten. Es ist aus unserer Sicht ein ziemlich hergeholtes Bild.

Der Haushalt ist wieder ausgeglichen. Das ist erfreulich und wir möchten uns bei der Verwaltung ausdrücklich dafür bedanken, dass die beschlossenen Projekte weitergeführt werden können und die Umstellung der Haushaltssystematik nach den Handlungsfeldern des Strategie- und Zielkonzeptes mehr Transparenz schafft.

Erfreulich ist auch, dass es erstmals nach vielen Fehlern und einem Stück kommunalem Größenwahn, seit 2003 wieder eine Ausschüttung der Abfallgesellschaft Ruhr (AGR) von 750.000 Euro geben wird. Positiv beendet ist auch die Diskussion um die Sicherung der Investitionen für die Route der Industriekultur. Das war ein Thema, was die Haushaltsaufstellung in den letzten Jahren immer wieder beeinflusst hat.

Wenn man die Finanzsituation des RVR jedoch an den Aufgaben misst, die der Verband in der Region inzwischen wahrnimmt und zukünftig wahrnehmen soll, so gibt es erhebliche Defizite. Mir hat vor einigen Tagen jemand aus der Verwaltung gesagt: ?Vor einigen Jahren mussten wir uns unsere Aufgaben suchen. Inzwischen haben wir so viele Projekte, dass wir uns angesichts der kaum gestiegenen Personalzahlen fast schon jetzt übernehmen.?

Um nur einige Beispiele zu nennen:

1.   Der Verband ist seit 2009 erstmals seit 1975 wieder für die Regionalplanung zuständig und muss dies mit 8 Personen in der Planungsabteilung tun, während z.B. die Bezirksregierung Düsseldorf in diesem Bereich über 30 Personen einsetzen kann ? bei einem durch den Ausschnitt des RVR aus ihrer Zuständigkeit deutlich kleineren Verantwortungsbereich.

Gespräche werden geführt, aber die Situation ist nicht geklärt.

Hinzu kommt, dass die Abteilung Regionalplanung mit der Regionalplanänderung für Datteln IV ein riesiges Projekt am Hals hat, das enorme Kräfte bindet ? das Beste wäre wirklich, man stellt es schnellstmöglich ein, dafür haben wir ja immer gestimmt.

2.   Die höchsten Zuschüsse des RVR gehen mit 7,04 Mio. Euro in den Eigenbetrieb Ruhr-Grün, der auch große Teile des Projektes Emscher Landschaftsparks bearbeitet. Hier ist die Personaldecke so dünn, dass einige Krankheitsfälle in den letzten Wochen und Monaten die Umsetzung der Projekte gefährden. Laut Jahresbericht 2012 konnten im letzten Jahr nur 4,2 Mio. Euro des geplanten Bauvolumens von 10,9 Mio. Euro realisiert werden. 2011 konnten sogar nur 27 % des Bauvolumens verbaut werden.

Nach unserer Kenntnis sollen jetzt befristete Vertretungen eingestellt werden, damit keine Fördermittel verfallen. Insgesamt ist die Situation ?Oberkante Unterlippe?, so dass wir in den letzten Tagen den Antrag noch vorbereitet haben. Mit der Erhöhung des Zuschusses für Ruhr Grün sollte es möglich sein, den Zustand in dem Bereich zu verbessern. Deshalb bitten wir sie um die Zustimmung zu unserem vorliegenden Antrag.

3.   Im zweitgrößten Zuschussbereich, den Kultur- und Tourismusgesellschaften, sehen wir das Problem, dass der Einsatz der 2,4 Mio. Euro des RVR und weiteren 2,4 Mio. Euro des Landes zum weitaus überwiegenden Teil über die Kultur Ruhr GmbH abgewickelt wird oder in Gesellschaften wie ecce ?verschwinden?, ich verweise da auch auf eine Pressedebatte dazu, ohne das uns hier bisher Erfolge deutlich werden.

Wir finden es gut, dass die Betroffenen sich anscheinend stärker als Interessengruppen zusammentun und erkennen an, dass sie zumindest hier in der Verwaltung durchaus offene Ohren gefunden haben.

4.   Im drittgrößten Zuschussbereich schließlich, das sind mit 3,46 Mio. Euro die Freizeitgesellschaften, tickt eine ?Zeitbombe?.

Ich will diesen Aspekt hier nicht vertiefen, aber umso wichtiger ist es, dass wir auf der heutigen Sitzung endlich eine Vorlage der Verwaltung mit Vorschlägen für weitere Schritte haben über die wir diskutieren können. Auf alle Fälle muss in der kommenden Zeit viel dafür getan werden, um die wichtige Rolle, die die Freizeitgesellschaften haben, zu sichern.

Aus diesen genannten Gründen tun wir uns schwer mit dem Haushalt. Er erlaubt trotz der glatten Zahlen keine angemessene Bearbeitung der anstehenden Aufgaben, die Übernahme neuer Bereiche wird durch das Land bisher nicht ausreichend finanziert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zum Schluss noch ein Wort zur Begründung für unseren Antrag zum Bildungsbericht. Mit der Aufstockung der Mittel für die im Bildungsbericht definierten Handlungsfelder um 100.000 Euro wollen wir, dass dieser Bereich besser bearbeitet werden kann. Es geht nicht darum, private Sponsormittel zu ersetzen, sondern die genannten Felder ?Bildungsmonitoring?, ?Bildung für nachhaltige Entwicklung? und das Bildungsforum Ruhr als Aufgaben des Verbandes wahrzunehmen. Diese Bereiche fallen nicht unter die Mittel, die zur Weiterentwicklung des Projektes durch die Mercator- Stiftung zur Verfügung stehen.

Aus diesem Grund bitten wir Sie, dem Antrag zuzustimmen. Den Spielraum findet man im Haushalt aus unserer Sicht und insofern wäre es möglich, den Bereich Bildung und die Umsetzung des Bildungsberichtes weiter zu stärken und daran lag uns mit unserem Antrag.

Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unseren Anträgen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!