DIE LINKE.im RVR: Reden

Rede von Wolfgang Freye auf der Verbandsversammlung am 31.03.2023

Fraktion DIE LINKE im RVR, Wolfgang Freye

TOP 8.9. Standortmarketingkampagne Transformation, Innovation und Forschung als Treiber des Imagewandels der Region Die Metropole Ruhr setzt ihre erfolgreiche Kampagnenkommunikation fort und geht in die nächste Phase

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,
wenn wir heute hier auf der Verbandsversammlung über die Vorlage der Verwaltung zur Fortsetzung der Standortmarketingkampagne entscheiden, dann ist das schon eine weitreichende Vorlage, weil wir uns für die nächsten Jahre daran binden und hohe Ausgaben dafür vorsehen. Diese sollen in einer Größenordnung von plus/minus 3 Millionen Euro/Jahr in den nächsten Jahren liegen.  
Aus Sicht der linken Fraktion, die die Standortmarketingkampagne immer kritisch gesehen und so nicht mitgetragen hat, wäre es angebrachter, eine umfassende Evaluierung der Kampagne vorzunehmen.
Sicherlich hat die Verwaltung diesbezüglich einiges im Rahmen unserer Anfrage vorgelegt und die Antwort auf unsere Anfrage hat zumindest noch mal eines deutlich gemacht, nämlich wie die Kampagne einzuordnen ist.
Aber das Problem dabei ist, dass so richtig greifbare Erfolge dieser Standortmarketingkampagne sich eigentlich nirgends richtig erkennen lassen. Sicherlich ist viel passiert, ist auch viel Geld ausgegeben worden. Die Kampagne gehört ja mit zu den größten Ausgabeposten des Regionalverbandes.
Aber was konkret an Ansiedlungen daraus gefolgt ist, was konkret an Anwerbung von Fachkräften für die Region positiv daraus gefolgt ist, dass kann man aus unserer Sucht nach wie vor nicht richtig abbilden.
Wir wollen das alles nicht in Bausch und Bogen verurteilen. Sicherlich gab es in der Kampagne gute Elemente. Zum Beispiel war es eine richtige Entscheidung vor etwa zwei, zweieinhalb Jahren, dass ein Umschwenken erfolgt ist, dass man für und über die Region bestimmte Untersuchungen in Auftrag gegeben hat.
So hat die Untersuchung zu Wasserstoff deutlich gemacht, dass die Region in dem Bereich schon jetzt viel tut und dass die Region in der Frage gut aufgestellt ist. Sie hat gezeigt, dass das Ruhrgebiet die Chance hat, bei der Entwicklung von Wasserstoff im Bereich der Erneuerbaren Energien, die führende Rolle einzunehmen. Das hat in der Öffentlichkeit sicherlich viel bewirkt und hat mit dazu beigetragen, dass die Aufmerksamkeit für das Ruhrgebiet größer wurde.
Das gleiche gilt auch für die Frage der Grünsten Industrieregion der Welt.
Die Konsequenzen, die eigentlich erreicht werden sollten: Ansiedlung von Unternehmen und Anwerbung von Fachkräften lassen sich jedoch nicht so richtig evaluieren, lassen sich nicht so richtig greifen und messen.
Wenn man dann solche Kampagnen, und mein Kollege hat es eben gerade erwähnt, wie den teuren Film über die Rückkehr des Seeadlers auf der Bislicher Insel erzählt, muss man angesichts der Zahl der Zugriffe sagen, dass das im Rahmen der Kampagne doch eher ein Flop war.
Und einen weiteren Punkt will ich erwähnen: Es ist ja offensichtlich so, dass sich die Wirtschaft nach wie vor nicht richtig beteiligt an dieser Kampagne und deren Maßnahmen. Wir haben ja ausdrücklich in unserer Anfrage die Frage gestellt: Wer hat sich beteiligt und welche Beträge sind da geflossen?
Wenn ich das dann mal zusammenrechne – da sind ja auch verschiedene Sachen drin, wie Beiträge der Universitäten für die Wissenschaftsnacht, da werden Beiträge der Wirtschaftsförderung mit herangezogen. Wenn ich aber nur die Beiträge der Wirtschaft in den vergangenen sechs Jahren, denn die Kampagne läuft seit 2017 zusammenrechne, dann komme ich auf 930.000 Euro. Das ist noch nicht einmal eine Million bei Budgets von jährlich ca. 3 Millionen Euro..
Wenn ich dann noch sehe, dass die Verwaltung, um es etwas zu Schönen, aufführt, Thyssen Krupp hätte zusätzlich auf 1,4 Millionen Euro an Mieteinnahmen verzichtet für die große Wasserstoffwerbewand, die an der A 40 prangt, finde ich das eigentlich ein bisschen lächerlich. Das ist doch eine Fläche, die eh schon vorhanden ist, und die Thyssen Krupp nur zur Verfügung gestellt hat und mehr nicht!
Das gibt mir schon zu denken, dass die Industrie in der Region, die hier eigentlich von der Aktion profitieren soll, wie von der Anwerbung von Fachkräften – und darauf ist der Fokus der Kampagne immer mehr gerichtet worden – sich so wenig beteiligt.
Die aus den Beträgen ermittelten 930.000 Euro sind übrigens auch schon ein bisschen länger her. In den letzten drei Jahren ist da gar nichts mehr groß an Beträgen geflossen. Das macht mich dann schon nachdenklich und da frage ich mich, wieso sich diese Akteure, die auf der einen Seite immer sagen: „Tolle Kampagne. Sie muss weitergeführt werden!“, sich daran nicht beteiligen.
Das kann irgendwie nicht sein, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen!
Ich finde, dass es dazu auch zwei verschiedene Einschätzungen geben kann. Die ein ist die, dass die Industrie sagt: „Lass die mal machen! Schön, dass sie uns das finanzieren und eine Werbekampagne machen, an der wir uns nicht beteiligen brauchen.“ Oder sie sagen: „Es bringt in Gänze dann doch nicht so viel, also stecken wir da nicht unser Geld rein.“
Wir sind der Meinung, dass bestimmte Punkte, wie die Werbung für die Grünste Industrieregion der Welt oder die Wasserstoffinitiative unbedingt weiterverfolgt werden müssen. Wir sind aber auch davon überzeugt, dass mehr in den Regeleinrichtungen, gerade in der Wirtschaftsförderung, der Business Metropole Ruhr GmbH, an Themen verfolgt werden kann. Dort kann viel mehr gemacht werden als jetzt möglich ist. Das wäre aus unserer Sicht auch nach der Zeit, so lange die Kampagne läuft – immerhin sechs Jahre – dringlich zu prüfen, anstatt teure Werbeagenturen zu beauftragen, diese Kampagne weiterzuführen.
Insofern werden wir der Vorlage, so wie sie jetzt hier vorliegt, nicht zustimmen, denn der Kern der Vorlage ist ja, die Ausschreibung hierfür in die Wege zu leiten, die zu einer neuen Werbeagentur führen soll.
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,
wenn man die Frage der Anwerbung in dieser Region betrachtet, dann muss man ein Thema auch immer mit ansprechen, denn es würde die Attraktivität der Region deutlich steigern, wenn wir mehr tun würden zur Armutsbekämpfung in dieser Region.
Das ist nach wie vor eines der riesigen Probleme hier in der Region und da müssen wir mehr tun und da müssen wir mehr ran, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.
Ich glaube, dass das in der Öffentlichkeit eine der großen Lasten der Region ist. Deshalb darf das so nicht bleiben und deshalb dürfen wir da auch auf keinem Fall weiter zuschauen.
Was die Frage der Besetzung der Jury angeht, fänden wir es besser, wenn man die Zahl der politischen Vertreter*innen auf fünf Mitglieder erweitert, denn dann wären alle demokratischen Parteien entsprechend beteiligt und das wäre sinnvoll. Es würde der Diskussion und der Transparenz der Sache dienlich sein.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!