DIE LINKE.im RVR: Reden

Rede von Wolfgang Freye auf der Verbandsversammlung zur Beschlussvorlage der 2. Offenlage des Regionalplans RuhrRegionalverbands Ruhr Beschluss zur zweiten Beteiligung

DIE LINKE.im RVR, Wolfgang Freye

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

ich mochte mich zunächst erst einmal ausdrücklich dafür bedanken, dass Sie sich hier vorhin für meinen Fraktionsgenossen, Olaf Jung, erhoben haben. Ich fand auch die Worte von Herrn Dr. Dudda, als Vorsitzenden der Verbandsversammlung, zu seiner Person sehr berührend. Der plötzliche Tod von Olaf Jung hat uns schon sehr stark getroffen. Das kann man nicht anders sagen. Er kam für uns völlig unerwartet.

Vielen Dank für ihre Anteilnahme!

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,

wir diskutieren hier und heute über den ersten gemeinsamen Regionalplan für das Ruhrgebiet seit 1966, der der Situation ein Ende machen soll, dass das Ruhrgebiet von verschiedenen Regierungspräsidien, die alle außerhalb des Ruhrgebietes liegen, regionalplanerisch betreut werden.

Es geht um die 2. Offenlage und der Regionalplan hat ja jetzt schon eine längere Geschichte. Die erste Offenlage war 2018 und die Beschlussfassung über den Regionalplan war eigentlich für 2019 geplant, hat dann aber zu heftigen Diskussionen und auch Zerwürfnisses im Verband geführt.

Es geht, da hat Herr Oberbürgermeister Tischler darauf hingewiesen, um neue Arbeitsplätze, Flächen für neue Wohngebiete und auch nicht unwesentlich um die Sicherung von Freiraum. Gerade dieses Ziel ist aus unserer Sicht bei der Diskussion, die der Regionalplan in den letzten Jahren durchgemacht hat, zurückgedrängt worden.

Man muss doch sagen, dass sich die Verwaltung nach der 1. Offenlage schon stark bemüht hat, ganz viele Konfliktfelder mit den Kommunen aus den Weg zu räumen. Sie hat viele Konflikte um neue Wohngebiete, um die Ausweisung neuer Gewerbegebiete oder Industriegebiete ausgeräumt und da allerdings dann zum Teil stark in den Freiraum eingegriffen. In die Regionalen Grünzüge, die im ersten Entwurf stärker im Mittelpunkt standen, wurden neue Grenzen gezogen, um den Wünschen der Kommunen nachzukommen. Das sehen wir eher kritisch.

Es wurden viele Konflikte entschärft, aber ein ganz wesentlicher Konflikt nicht. Während wir aus den meisten Verbandskommunen sehr wenig Kritik am Entwurf des Regionalplans hören, kommt aus dem Kreis Wesel eine wahre Flut von Kritik. Diese Kritik am Kiesabbau, am Abbau von oberflächennahen Rohstoffen, wie es in der Fachterminologie heißt, ist aus unserer Sicht vollständig berechtigt. Wir unterstützen sie als LINKE ganz und mit vollem Herzen.

Gestern erst hat der Kreistag, es wurde schon darauf verwiesen, ein Moratorium gefordert. Er hat dieses Moratorium einstimmig beschlossen. In der Diskussion hat er deutlich gemacht, dass gerade vor dem Hintergrund des Pariser Klimaschutzabkommens und der sich daraus ergebenden Verpflichtungen auch beim Kiesabbau nicht so weitergemacht werden kann, wie bisher. Der Kreistag hat festgestellt, dass der Kiesabbau im Kreis Wesel eine komplett fehlende Akzeptanz hat. Er rät deshalb dringend, die Klagen abzuwarten, weil einer der Streitpunkte genau die Bedarfsberechnung für den Kiesabbau ist. Diese ist vom Land im Landesentwicklungsplan vorgegeben und an die ist der RVR gebunden. Aber genau sie führt zum Protest und den vielen Einsprüchen.

Es ist schon jetzt klar, dass es wieder tausende Einsprüche geben wird, wenn die Offenlage heute so beschlossen wird.

Von den 5.000 Einsprüchen bei der ersten Offenlage kam etwa die Hälfte aus dem Kreis Wesel kam, bei etwa der Hälfte ging es um den Kiesabbau. Das war schon ein heftiger Punkt und jetzt ist ja an der Stelle nichts entschärft worden.

Im Gegenteil! Durch die Zeit, die verstrichen ist, die Neuberechnung des Bedarfs auf der Grundlage der vergangenen fünf Jahre, der damit verschobenen Zeitperspektive und der Erhöhung des Versorgungszeitraumes von 20 Jahre auf 25 Jahre hat sich eine drastische Erhöhung der Flächen ergeben, die für den Kiesabbau genutzt werden sollen. Es geht ja jetzt insgesamt um 2.548 ha Flächen und das sind fast 1.000 ha oder fast 57 Prozent mehr als bei der ersten Offenlage. Insofern ist auch klar, dass die Proteste auch im Kreis Wesel noch deutlicher werden.

Es ist völlig daneben, angesichts der Hintergründe dieser Diskussion zu fordern, dass der Kreis Wesel aus dem Verbandsgebiet austreten sollte. Das würde überhaupt kein Problem lösen. Denn das Problem liegt tatsächlich auf der Landesebene. Es muss und kann sicherlich auch nach der Landtagswahl gelöst werden, in dem dort neue Bedarfsberechnungen entwickelt werden. Diese schematische Festlegung, dass man einfach nach dem geht, was in den letzten Jahren vor der Verabschiedung des Regionalplans abgebaut worden ist und das man sagt: „Es wird jetzt immer so weitergehen!“, halten wir für verkehrt. Wir hoffen sehr, dass diese Sache gekippt wird und dafür werden wir uns einsetzen.

Es gibt aus unserer Sicht jetzt zwei Möglichkeiten, der Forderung nach dem Moratorium, die ja sehr einhellig im Kreis Wesel vertreten wird, nachzukommen.

Die erste Möglichkeit wäre: Der komplette Plan wird geschoben und nicht weiter behandelt! Wir warten jetzt mal ab, was bei den Gerichtsverfahren rauskommt, die ja anhängig sind. Hier kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass diese Art der Bedarfsberechnung tatsächlich vom Gericht unterstützt werden wird.

Die zweite Möglichkeit wäre die, die wir hier in der Verbandsversammlung eingebracht haben. Wir beantragen, dass das Kapitel 5.4, in dem der oberflächennahe Rohstoffabbau, der Kies- und Sandabbau geregelt wird, zurückgestellt und aus der heutigen Beschlussempfehlung ausgeklammert wird. Das hätte aus unserer Sicht tatsächlich den Vorteil, dass der Regionalplan für den anderen Teil des Ruhrgebietes, für die anderen Mitgliedskommunen weiterentwickelt werden kann, wie er ist. Die Offenlage findet wie angedacht statt und das normale Verfahren kann weiterverfolgt werden. Bei dem Bereich Kiesabbau kann so abgewartet werden, was das Urteil ergibt. Anfang des nächsten Jahres sollen ja die ersten Verhandlungen stattfinden.

Dann kann man außerdem sehen, was die Landtagswahl ergibt, wo doch jetzt verschiedene Parteien ihre Vorstellungen in die Diskussion zur Neuregelung eingebracht haben. Das sind ja Parteien, die eigentlich schon mehrere Jahre Zeit gehabt hätten, etwas an der Bedarfsberechnung zu ändern. Jetzt versprechen sie immerhin, dass sie etwas ändern wollen. Da kann man gespannt sein, da kann man natürlich auch Zweifel haben, ob da was gemacht wird oder nicht. Ich gehe aber schon davon aus, dass niemand darum herumkommt, etwas zu ändern. Ein weiter so kann es in der Frage nicht geben!

Ein weiter so kann es auch im gesamten Kreis Wesel nicht geben! Denn, wer so wie wir bei einer Radtour sich die Landschaft angesehen hat, und weiß, dass die Kiesindustrie um alte Gruben einfach einen Zaum macht und die Flächen brachliegen lässt – da ist nicht eine Grube, sondern eine Grube neben der anderen – wer das sieht weiß, wie sehr die Landschaft zerstört wird. Diese Landschaftszerstörung kann nicht weitergeführt werden! Da muss ein Schlussstrich gezogen werden, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen!

Ich will noch etwas sagen zur Nachnutzung, die ja heute hier behandelt wird. Wir sind als Fraktion ja auch angesprochen worden, ob wir den Begleitantrag zur Nachnutzung der Flächen unterstützen wollen. Wir halten es zum gegenwärtigen Zeitpunkt wirklich für kontraproduktiv zu sagen: „Wir fordern die Kommunen auf, Nachnutzungskonzepte zu entwickeln!“ Es sind doch die betroffenen Kommunen, mit Abstrichen bei der Stadt Wesel, selbst, die die Regionalplanung so nicht wollen und sich derzeit alle möglichen Gedanken machen, wie sie zum Beispiel durch den Ankauf strategisch wichtiger Flächen den Kiesabbau verhindern können, um sie anders nutzen können. Da kommen wir in der Diskussion mit den Kommunen und den Bürger*innen auch nicht weiter, wenn wir denen sagen, macht mal Nachnutzungskonzepte. Zumal die Formulierung in dem Antrag auch noch so ist, dass man wieder die Kiesindustrie aus der Pflicht nimmt. Wie soll das gehen? Gerade die Kiesindustrie muss doch für die Nachnutzungskonzepte verantwortlich gemacht werden! Auch nach jetzigem Recht ist das möglich.

Unserer Ansicht nach wäre in Deutschland eine Politik notwendig, die – ähnlich der in Holland – die Kiesindustrie verpflichtet, breit getragene, im Konsens erarbeitete Nachnutzungskonzepte immer dann mit vorzulegen, wenn man Abbauanträge stellt. Ohne solche akzeptierten Konzepte sind dann keine Abbaugenehmigungen zu erteilen!

Zudem sagt die Verwaltung selbst, wir haben uns da erkundigt, dass die Kriterien schwierig zu entwickeln sind, die dort in dem Antrag zur Nachnutzung drinstehen. In jedem Fall ist es doch so: Abbau bedeutet Loch! Und diese Löcher können zurzeit angesichts der Materialien, die man zur Verfügung hat, kaum verfüllt werden. Man kann da nicht einfach Schutt reinschütten. Das Loch bleibt also! Ein Baggersee neben den vielen, die es im Kreis Wesel schon gibt, bringt kein Stück weiter und verstößt massiv gegen die Interessen der Landwirtschaft und gegen die Interessen der Freiraumsicherung und so weiter und so weiter.

Deshalb, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, wäre es aus unserer Sicht sinnvoll das Kapitel Kiesabbau in einem Teilplan auszuklammern. Sicherlich gibt es da rechtliche Unabwägbarkeiten. Aber der Antrag sagt ja nicht, dass an dem Teilplan nicht weitergearbeitet werden soll. Daran kann parallel zu der anderen Offenlage weitergearbeitet werden und das sollte man aus unserer Sicht sogar. Diese Weiterarbeit soll aber auf einer Grundlage des Urteils, was zu erwarten ist und auf der Grundlage der Entscheidungen, die im Landtag hoffentlich nach der Landtagswahl zu erwarten sind, erfolgen.

Deshalb liebe Kolleginnen und liebe Kollegen streuen Sie den Menschen im Kreis Wesel doch keinen Sand ins Auge! Wir halten es für das Vernünftigste die Offenlage zu beschließen, aber diesen Teilplan Oberflächennaher Rohstoffe herauszunehmen und dafür bitten wir auch nach wie vor um Zustimmung in der Verbandsversammlung.

Vielen Dank!