DIE LINKE.im RVR: Reden
Und wieder einmal: Stillstand im Ruhrgebiet hilft nicht weiter
Rede zum Haushalt 2025-26 auf der Verbandsversammlung des RVR am 13.12.2023
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir haben heute schon darüber gesprochen, dass die finanzielle Lage der Kommunen wieder schwieriger wird und die Finanzierung der Kommunen endlich auf sichere Füße gestellt werden muss und dass der RVR vor dem Hintergrund ebenso wie die Kommunen erhebliche Forderungen sowohl an den Bund als auch an das Land hat.
Und besonders schwierig ist auch die wirtschaftliche Situation in der Region und die auf dem Arbeitsmarkt. Eine Anfrage, die wir vor einem Jahr im Wirtschaftsausschuss gestellt haben, ergab, dass das Ruhrgebiet mit 1,857 Mio. Beschäftigten 2023 zwar den höchsten Stand sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung seit Erhebung der ersten vergleichbaren Zahlen 1976 hatte. Die Steigerung lag in den 48 Jahren jedoch nur bei 2,7 Prozent, in NRW dagegen bei 23,3 Prozent. Zwischen 1976 und 2002 ging die Zahl der Beschäftigten sogar deutlich zurück, vor allem auf Grund des massiven Rückgangs der Industrie bzw. des produzierenden Gewerbes. Mitte der 70er Jahre arbeiteten in der Industrie knapp 60 Prozent der Beschäftigten im Ruhrgebiet, heute noch etwas über 20 Prozent - das ist deutlich weniger als im Landesschnitt. Man kann im Rückblick nur den Kopf schütteln, dass eine Landesregierung den Strukturwandel im Ruhrgebiet schon vor 15 Jahren für beendet erklären wollte.
Gleichzeitig ist die Zahl der Menschen, die von Transferleistungen leben müssen, weit über dem Schnitt, die Armutsquote von 22 Prozent bildet nach Bremen die traurige bundesweite Spitze.
Umso schlimmer ist es, dass die vor ein, zwei Jahren anscheinend geklärte Situation in der Stahlindustrie heute ungeklärter ist als zuvor und der ThyssenKrupp-Vorstand den Umbau zur Wasserstofftechnologie heute offensichtlich wieder in Frage stellt. Eine solche Entscheidung wäre verheerend und wir sollten als RVR alles tun, um dem entgegenzuwirken.
Und da stellt sich die Frage, wie das gehen kann. Der RVR ist ein Kommunaler Verband, das Haushaltsvolumen liegt bei 130 Mio. Euro, die Ausgaben der Stadt Essen allein beim 30fachen, bei über 4 Mrd. Euro. Trotzdem ist Die Linke ist davon überzeugt, dass die Region weiter zusammenrücken muss und die Probleme gemeinsam angehen muss. Das ist eine Aufgabe für den RVR. Die Wasserstoffstrategie ist ein Beispiel dafür, eine Stadt alleine würde da nicht viel bewirken können. Die Entwicklung altindustrieller Flächen, bei der wir u.a. darum kämpfen, dass sie von der EU im Rahmen der Transformation stärker gefördert wird, ein anderes.
Und wir sind auch davon überzeugt, dass die Kooperation der Kommunen in der Region dringend weiterentwickelt werden muss. Sicher, wir sind zuversichtlich, dass die IGA etwas bringt und sind dafür, dass ein Großprojekt wie die Urbane 34 entwickelt wird. Aber wenn wir im Alltag nicht vorankommen, bringt uns das nicht weiter. Ich will gar nicht vom ÖPNV reden, sondern die Frage stellen: Was passiert im Alltag? Was wird aus den Vorschlägen der GPA oder anderen Initiativen, kommunale Verwaltungsaufgaben gemeinsam zu erledigen. Wir stellen dazu heute eine Anfrage, aber ob die Antwort uns wirklich weiterbringen wird, da sind wir uns nicht sicher. Denn in diesem Jahr ist wieder nichts passiert, noch nicht einmal die Vergabe der Jagdrechte wird als gemeinsame Aufgabe angegangen – wobei die tatsächlich auch von den Kommunen allein bewerkstelligt werden kann.
Wir haben in der Frage der Kooperationen und Aufgabenübertragung seit Jahren Stillstand und das wird angesichts der wachsenden Probleme zunehmend selbst zu einem Problem.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Fraktion Die Linke hat auch in diesem Jahr trotzdem wieder Anträge zum Haushalt gestellt – anders als die Grünen, die es seit letztem Jahr aufgegeben haben. Wir finden nicht nur, dass „Arbeitsverweigerung“ als Opposition keine Lösung ist. Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass viele unserer Themen trotzdem später aufgegriffen wurden.
Die Linke hatte in den Haushaltsberatungen der letzten Jahre z.B. mehrfach eine Erhöhung der Fördermittel für Interkultur gefordert, die jedes Jahr überzeichnet werden. Ein Antrag der Linken zur Erhöhung auf 300 T€ im Jahr wurde vor einem Jahr von der Großen Koalition abgelehnt, ist nun aber in den Neuverhandlungen der Vereinbarung „Regionale Kulturstrategie Ruhr“ genau so umgesetzt worden. Auch die Einrichtung eines Büros bei der EU, die wir im Juni 2024 in einem Gemeinsamen Antrag aller demokratischen Fraktionen auf den Weg gebracht haben, hatten wir schon zum Haushalt 2024 beantragt, ebenso wie vor Jahren die Sozialkonferenz, die ebenfalls zunächst abgelehnt, später aber beschlossen wurde und nun unumstritten gute Arbeit leistet.
Zu den Anträgen zum Haushalt 2025-26 von uns will ich nur zwei Punkte ansprechen:
- Unsere Haushaltsanträge würden in den beiden Jahren eine Erhöhung der Haushaltsaufwendungen zwischen 423 T€ und 490 T€ bedeuten. Das sind bei einem Haushaltsvolumen von knapp 130 Mio. € gerade 0,4 Prozent, ist also ziemlich überschaubar.
Trotzdem sind uns die Projekte wichtig, zu denen wir Anträge gestellt haben. Wir müssen in der Armutsbekämpfung besser werden und hier muss der RVR helfen, wir sollten erfolgreiche Projekte wie die „Klimabäume“ zwei Jahre vor der IGA Ruhr weiterführen und wir müssen dringend etwas für die Ausbildung im Verband tun und Anreize schaffen, damit der RVR mehr Azubis findet und mehr Ausbilder*innen in den eigenen Reihen. Da hängt die Zukunft ein Stück weit dran.
2. Wir haben als Deckung in diesem Jahr nicht den Antrag gestellt, die Mittel für die Standortmarketingkampagne zu streichen. Das liegt nicht daran, dass wir sie nun ganz großartig und zielführend finden. Nein, aber wir nehmen zur Kenntnis, dass es rechtsgültige Verträge mit der Agentur Scholz & Partner gibt – uns hat schon gewundert, dass die FDP sich darum als Wirtschafts- und Rechtsstaatspartei gar nicht schert. Und zweitens hat die Kampagne natürlich inzwischen schon etwas andere Schwerpunkte und setzt viel stärker auf Fachkräftewerbung, als vor ein paar Jahren. Das macht aus unserer Sicht Sinn und es wäre noch besser, wenn die Verbesserung der Integration von Flüchtlingen ein Thema im Rahmen der Kampagne würde. Es ist hanebüchen, dass Deutschland bei der Beschäftigungsquote von Flüchtlingen aus der Ukraine mit unter 30 Prozent nicht nur deutlich hinter Ländern wie Litauen und Polen liegt, sondern auch weit hinter Dänemark, den Niederlanden oder Frankreich – obwohl viele gerne arbeiten würden, wenn ihre Papiere anerkannt würden und nicht das Sprachlevel B1 als Voraussetzung für Putzstellen verlangt würde.
In diesem Sinne bitten wir um Zustimmung zu unseren Anträgen.
Ich möchte es zum Schluss nicht versäumen, mich für die Fraktion Die Linke und auch ganz persönlich für die gute Zusammenarbeit mit der Verwaltung und im Großen und Ganzen auch mit den anderen demokratischen Fraktionen in der Verbandsversammlung zu bedanken. Ich bin jetzt 20 Jahre Mitglied der Verbandsversammlung und kann mich nicht beklagen.
Und wenn ich einen Wunsch äußern darf: Beurteilen sie politische Vorschläge weiter vor allem nach ihrem Inhalt und greifen sie auch weiter ruhig welche von uns später auf. Auch kleine Oppositionsparteien haben manchmal gute Ideen und Recht haben sie ja sowieso immer – nur nicht die Mehrheit.