Anfragen
Antwort auf die Anfrage der Fraktion Die Linke Konzept Prozessschutzflächen
zuzr Kenntnis, Betriebsausschuss RVR Ruhr Grün, Ausschuss für Klima, Umwelt und Ressourceneffizienz
1. Was kann durch eine wissenschaftliche Begleitung der unter Prozessschutz zu stellenden Flächen erreicht werden und welche Institutionen kommen dafür in Frage?
Ein Konzept zum langfristigen Monitoring besteht bisher nicht. Der Landesbetrieb Wald und Holz macht in den Naturwaldzellen und Wildnisentwicklungsgebieten des Landes regelmäßige Untersuchungen. Diese Untersuchungen sind jedoch sehr aufwendig und benötigen viel Personal. Der Wert solcher Untersuchungen ergibt sich dabei oft erst nach Jahrzehnten, da das Ökosystem Wald sich nur langsam entwickelt.
Die Naturwälder in NRW sollten weiterhin vom Landesbetrieb Wald und Holz auf den dafür vorgesehenen Flächen untersucht werden, da dort neben dem notwendigen Personal auch Daten aus 50 Jahren Naturwaldforschung vorliegen. Mit der Naturwaldzelle in der Kirchheller Heide ist der RVR auch mit einer Fläche in diesem Konzept vertreten. Erst lange und kontinuierliche Datenreihen können den Wert von Flächen mit natürlicher Waldentwicklung aufzeigen.
Zum Konzept des Landes NRW (Quelle: Naturwaldzellen in NRW):
„Im Jahre 1971 begann die Ausweisung der Naturwaldzellen in Nordrhein-Westfalen. Inzwischen existiert ein Netzwerk von 75 Naturwaldzellen, in denen die natürlichen Lebensabläufe unserer Wälder erforscht werden. In Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten aus Forst und Naturschutz hat Wald und Holz NRW ein neues Forschungskonzept für die nordrhein-westfälischen Naturwaldzellen (NWZ) erarbeitet. Es war das Ziel, die Naturwaldforschung an neue gesellschaftlichen Fragen anzupassen, neue wissenschaftlichen Methoden zu berücksichtigen sowie die Aktivitäten mit anderen Prozessschutzflächen in NRW und anderen Bundesländern stärker zu verzahnen. Gleichzeitig sollen die langjährigen Zeitreihen weitergeführt werden. Das Konzept wurde im Mai 2022 auf der Tagung „50 Jahre Naturwaldzellen in Nordrhein-Westfalen“ vorgestellt.
Das Monitoring für die NWZ in NRW wurde vor 50 Jahren etabliert. Ziel war es, ein besseres Verständnis der Waldökosysteme mit ihren vielfältigen Strukturen, Wechselbeziehungen und Prozessen zu erhalten. Langfristig wiederholte Aufnahmen sollten Einblicke in die Dynamik des Systems geben. Diese Zeitreihen lieferten wichtige Einsichten in die Veränderungen der Waldökosysteme, zum Beispiel über die Konkurrenzverhältnisse von Buche und Eiche sowie den Einfluss des Schalenwilds auf die Verjüngung der Bestände.
Im Fokus des Monitorings standen Paare gezäunter und ungezäunter Kernflächen, die die vorhandene Waldgesellschaft gut repräsentierten. Dort wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, mit Schwerpunkt auf Erfassungen der Waldstruktur und der Bodenvegetation. Darüber hinaus erfolgten diverse Erhebungen weiterer Artengruppen.
Mittlerweile sind überregional, im Nationalpark (NLP) sowie in den Wildnisentwicklungsgebiete (WEG) andere methodische Ansätze in den Vordergrund getreten. Zudem haben neue Forschungsthemen und gesellschaftliche Fragen an Bedeutung gewonnen, beispielsweise die Auswirkungen des Klimawandels auf die Waldökosysteme. Die Erkenntnisse aus den Monitoring der NWZ können hier zum Verständnis beitragen. Daher ist es notwendig, den konzeptionellen Ansatz an die neuen Anforderungen anzupassen. Gleichzeitig sollen die vorhandenen wertvollen Zeitreihen fortgeführt werden.
Das System der Kernflächen wird fortgeführt und durch eine permanente
Stichprobeninventur ergänzt. In ausgewählten NWZ wird die Forschung intensiviert, in der Mehrzahl der NWZ werden die Untersuchungen wie bisher fortgeführt, in wenigen NWZ werden die Untersuchungsintervalle variiert. Für die Waldstruktur und die Bodenvegetation werden zusätzliche Parameter erhoben, zum Beispiel um Verbiss und Totholzvolumina quantifizieren zu können. Im Bereich der Biodiversität werden Schwerpunkte auf bestimmte Artengruppen gelegt, zum Beispiel Käfer und Pilze.
Fernerkundungsdaten gewinnen in der Naturwaldforschung zunehmend an Bedeutung. Dies wird zukünftig genutzt, um möglichst effizient Daten zu erheben. Diese können die terrestrischen Aufnahmen um weitere wichtige Parameter ergänzen. Das Datenmanagement und die Auswertung wie auch die Archivierung der Daten werden zukünftig automatisierter ablaufen und so eine schnellere Verwaltung und Auswertung ermöglichen.“
2. Welche Größe haben die 53 einzelnen im Prozessschutzflächen-Atlas dargestellten möglicherweise geeigneten Flächen?
Die Aufteilung des Atlas in 53 Seiten hat sich alleine aus der Notwendigkeit ergeben, dass die Flächen in einem Maßstab dargestellt werden müssen bei dem eine Orientierung sowohl in der Karte als auch vor Ort noch möglich ist.
Es gibt daher einzelne Atlas Seiten auf denen sich keine Potenzialflächen für Prozessschutz befinden, aber auch sehr viele Seiten auf denen gleich mehrere Potenzialflächen dargestellt sind.
Die Größe der zusammenhängenden Flächen lässt sich nur mit sehr großem Aufwand ermitteln, da die Verschneidung der ausgewählten Flächen auf Basis der Forsteinrichtung durchgeführt wurde. Wenn also eine zusammenhängende Fläche mit drei verschiedenen Baumarten als Potenzialflächen identifiziert wurde, dann werden drei Teilflächen ausgewiesen. Wenn diese drei Teilflächen von einem Weg gekreuzt werden, liegen bereits sechs Teilflächen vor, die sich durch die Geographischen Informationssysteme auf Grund der Trennung durch den Weg auch nicht automatisch zusammenfügen lassen, aber in der Realität eine zusammenhängende Fläche sind.
Wir möchten daher noch einmal auf die Darstellung im Atlas in Kombination mit der
Flächenauswertung (Flächengrößen in Abhängigkeit von Alter und
Baumartenzusammensetzung) im Konzeptpapier verweisen.
3. Wie verteilen sich diese Flächen auf die einzelnen Forstbezirke?
Revier Fläche_ha
Hohe Mark 39,42
Kirchheller Heide 226,95
Mitte 136,27
Oestliche Haard 65,45
Ost 163,23
Sued 121,75
Uefter Mark 151,51
West 51,63
Westliche Haard 39,23
Gesamtergebnis 995,43
4. Auf welchen Flächen wurde bereits das Totholzkonzept umgesetzt?
Das Alt- und Totholzkonzept von RVR Ruhr Grün findet generell auf allen Waldflächen des RVR Anwendung.
Die Erhaltung von Alt- und Totholz wird bei RVR Ruhr Grün durch eine mehrstufige Strategie auf wissenschaftlicher Basis umgesetzt. Dabei werden neben neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen auch die besonderen Ansprüche der Bevölkerung an die kommunalen Wälder des Verbands im Ruhrgebiet berücksichtigt. Die Alt- und Totholzstrategie von RVR Ruhr Grün umfasst dabei sowohl integrative Elemente wie den Schutz einzelner Biotopbäume als auch segregative Elemente, welche die dauerhafte natürliche Entwicklung von Wäldern ermöglichen.
Integraler Bestandteil der Arbeit von RVR Ruhr Grün ist der dauerhafte Schutz von Horst- und Höhlenbäumen, da diese eine besondere Bedeutung als Lebens- oder Brutstätte für Vögel oder Fledermäuse haben. Neben Bäumen mit vorhandenen Großhöhlen, die u. a. für Vogelarten wie den Schwarzspecht oder die Hohltaube relevant sind, sind auch Bäume mit mehreren Kleinhöhlen, die z. B. von Buntspechten oder Fledermäusen bewohnt sein können, von der forstlichen Nutzung ausgeschlossen. Auch Bäume mit erkennbaren einzelnen kleinen Asthöhlen werden nicht gefällt, wenn dort mit einem Vorkommen von seltenen Arten zu rechnen ist.
Neben den Höhlenbäumen genießen auch Bäume mit Horsten, also Nestern von Groß- oder Greifvögeln, einen besonderen Schutz. Auch diese Bäume sind dauerhaft von der forstlichen Nutzung ausgeschlossen und verbleiben als Lebens- und Brutstätte im Wald. Zu beachten ist ferner, dass keine forstlichen Maßnahmen während der Fortpflanzungszeit in der Horstschutzzone (je nach Art zwischen 100m und 300m) durchgeführt werden dürfen.
In Waldbeständen, die auf Grund ihres Alters- und ihrer naturnahen
Baumartenzusammensetzung generell ein hohes Potenzial für die Biodiversität aufweisen, werden neben den bereits erwähnten Horst- und Höhlenbäumen auch weitere Bäume dauerhaft unter Schutz gestellt. Dabei liegt der Fokus auf Waldbeständen mit heimischen Laubbäumen ab einem Alter von 120 Jahren. In diesen Wäldern sollen 10 Bäume pro Hektar dauerhaft im Wald verbleiben.
Bei der Auswahl dieser Bäume wird nicht nur auf die ökologischen Kriterien geachtet, sondern findet auch die Sicherheit der erholungssuchenden Bevölkerung und die Arbeitssicherheit bei der Bewirtschaftung der verbleibenden Bäume Berücksichtigung.
5. Welchen Vorteil bieten Prozessschutzflächen gegenüber einer naturnahen Waldbewirtschaftung, wie sie in einigen Forstbezirken von Ruhr Grün jetzt schon praktiziert wird?
Auf Prozessschutzflächen wird im Regelfall jede forstliche Nutzung auf Dauer eingestellt.
Sie stellen ein zentrales Element eines jeden Alt- und Totholzkonzepts dar. Durch den Verzicht auf eine forstliche Nutzung auf Teilflächen wird langfristig der Anteil der bislang häufig unterrepräsentierten Alters- und Zerfallsphasen erhöht. Bestimmte seltene und gefährdete Arten von Pilzen, Insekten bis hin zu Vögeln und Fledermäusen bevorzugen vor allem diese Phasen und können durch eine Nutzungseinstellung gefördert werden. Darüber hinaus weisen Prozessschutzflächen, wie auch bewirtschaftete Wälder, hervorzuhebende Ökosystemdienstleistungen wie hohe Reinigungsleistungen von Boden, Wasser und Luft sowie Regulationsleistungen wie Erosions- und Hochwasserschutz auf.
Prozessschutzflächen unterscheiden sich von einer reinen Alt- und Totholzsicherung in erster Linie dadurch, dass sich der Schutz auf die gesamte Fläche und nicht nur auf die Bäume bezieht. Dadurch werden natürliche Entwicklungen in einem breiteren Umfang ermöglicht und nicht nur im Bereich der Alters- und Zerfallsphase. Hierbei ist auch insbesondere die Verjüngungsdynamik von Bedeutung, da sich dort zeigt wie Wälder auf Kalamitäten, Klimawandel etc. reagieren.
6. Welche Auswirkung hat die Unterschutzstellung der Flächen voraussichtlich auf die betriebswirtschaftliche Situation und die forstliche Ausgleichsrücklage der Reviere und welche Investitionen wären notwendig?
Die Beantwortung der Frage ist der Vorlage „Beschluss des Konzepts zum Prozessschutz“ in TOP 6 vorbehalten.
Finanzielle und haushaltsmäßige Auswirkungen sowie Folgewirkungen:
1. Teilergebnisplan Kostenstelle ; Kostenträger ;
Teilergebnisplan Lfd. HH-Jahr 2023 2024 2025 2026 ff.
Erträge
Personalaufwendungen
Sachaufwendungen
Abschreibungen und Zinsaufwand
(6 % p. a. vom investiven Eigenanteil)
Summe (Eigenanteil)
Veranschlagt im Haushaltsplan Lfd. HH-Jahr 2023 2024 2025 2026 ff.
Erträge
Personalaufwendungen
Sachaufwendungen
Abschreibungen und Zinsaufwand (6 % p. a. vom investiven Eigenanteil)
Summe
Abweichungen1
2. Teilfinanzplan Kostenstelle ; Kostenträger ; Investitions-Nr.
Teilfinanzplan Lfd. HH-Jahr 2023 2024 2025 2026 ff.
Einzahlungen
Auszahlungen
Summe (Eigenanteil)
Veranschlagt im Haushaltsplan Lfd. HH-Jahr 2023 2024 2025 2026 ff.
Einzahlungen
Auszahlungen
Summe
Abweichungen1
1 Positiver Wert = Nachveranschlagung bzw. Deckung erforderlich
3. Auswirkungen
Eine Nachveranschlagung/überplanmäßige bzw. außerplanmäßige Mittelbereitstellung ist nicht erforderlich (Haushaltsverbesserung/-neutralität).
Eine Nachveranschlagung/überplanmäßige bzw. außerplanmäßige Mittelbereitstellung ist erforderlich (Haushaltsverschlechterung). Erläuterungen siehe unten. Folgewirkungen sind in dem o. g. Bedarf berücksichtigt. Erläuterungen:
4. Bilanz
Veräußerungsgewinne bzw. -verluste können gemäß § 44 Abs. 3 KomHVO NRW zu zusätzlichen finanziellen Auswirkungen in der Bilanz führen.
Keine Auswirkungen, weil keine Veräußerungsgewinne bzw. -verluste entstehen.
Die finanziellen Auswirkungen aus Veräußerungsgewinnen bzw. -verlusten werden in den Erläuterungen dargestellt.
Erläuterungen:
Sachbearbeiter/in Betriebsleiter Holger Böse BG IV
Nina Frense Regionaldirektorin
Karola Geiß-Netthöfel
Dr. Bieker, Herr Schlott
Anfrage, Fraktion DIE LINKE im RVR, Konzept Prozessschutzflächen